(Mindestens) Eine gestörte Kuh

Manali, Dharamsala, McLeod Ganj, Shimla und ein Kaff namens Tatapani.

Über Manali habe ich schon berichtet. In Dharamsala ist irgendwie nichts… Also ging es am nächsten Tag weiter nach McLeod Ganj. Ein überschaubarer Ort, der Ort, in dem Dalai Lama residiert. Sein Exil. Hierher sind viele Tibeter geflohen, weshalb die meisten Einwohner nicht unbedingt indisch aussehen. Es gibt überall tibetische Momos, mit Gemüse gefüllte Tortellini 🙂

Und da sind noch die Berge. Es ist kalt, aber wenigstens hat es tagsüber 20-30°. Also bin ich dem Erfrieren doch noch entkommen. Berge heißt, es gibt Wanderwege. Heißt, wir haben eine 9km (aber 800 Höhenmeter!) Trekkingtour gemacht, ab zur Bergspitze. 9km lang bergauf. Bei einer durchschnittlichen Steigung von 9%. Innerhalb von 3,5 Stunden. Ja, ich bin tatsächlich nach 3,5 Stunden oben angekommen. Halbtot, aber immerhin 😀 Kurz eine phänomenale Aussicht genossen, dann auf der Wiese geschlafen. Etwas rumgelaufen, plötzlich war es still. So richtig. Keine Menschenseele in Höhr- und Sehweite, nur Felsen, Wiese, Bäume, Krähen und Kühe. Augen zu, und der Stille zuhören. LOSRENNEN! Eine Kuh findet leider nicht so toll, dass ich da bin und rennt plötzlich auf mich zu. Auch Kühe können rennen. Mist, also besser mal weg. Aber es war schon toll. Das ist jetzt vielleicht nicht so gut zu verstehen. In Indien ist es generell überall mindestens 10DB lauter (fühlt sich an, wie doppelt so laut), als an einem vergleichbaren Ort in Europa. Wo Inder sind, ist es grundsätzlich nie ruhig oder still. Wo Inder sind heißt überall. Überbevölkerung und so. Nach der Flucht vor der Kuh noch die obligatorischen Maggi-Fertignudeln gegessen, und wieder zurück. Bergab im Regen. Angenehm. Unfefähr 1000 mal umgeknickt, 300 mal ausgerutscht und einmal mit dem Poo auf einem fluffig, watteweichen Felsen niedergelassen. Fetter blau-rot-gelber Fleck. Wächst mit jeder Busfahrt. Das, was hier Strasse bedeutet, hab ich ja schonmal erwähnt. Ab und zu mal ein Stück Teer zwischen den Hubbeln und Löchern.

Die letzten 2 Tage habe ich 18 Stunden im Bus verbracht. Und nicht in so netten Bussen, wo jeder einen Sitz hat, dessen Rückenlehne auch noch verstellt werden kann. Ok, in einem Bus war das tatsächlich so, aber da war der Sitz von meinem Vordermann kaputt, sodass er 1cm über meinem Schoß schlief. Bewegungsfreiheit~0,01%. Die restlichen 9 Stunden habe ich in Bussen genossen, wo ich eingequetscht zwischen 2 Menschen, der Rückenlehne und der Rückenlehne meiner Vordermänner …vegetiert habe. Wobei ich schief -und damit zu einem Drittel auf dem Platz meines Nachbarn, was dieser tapfer versucht hat, zu verteidigen- sitzen musste, weil meine Beine keine andere Wahl hatten. Sonst wäre nur noch über mir Luft gewesen. Angenehm. Für Rücken und Steißbein. Der bunte Fleck befindet sich in Wachstumsphase. Heute ist also 24 Stunden relaxen angesagt. Muss sein. Es ist 4 und ich war nur kurz zum Essen aus dem Bett raus 🙂

Achja, bin jetzt in Tatapani. Irgendein Kaff, in das wir gefahren sind, weil Shimla krass teuer ist (Landeshauptstadt). Es ist (endlich!) wieder warm. 40°. Also nicht zu heiß, sondern ganz angenehm. Unter dem Ventilator jedenfalls ;). Aber LEIDER zu heiß zum Wandern. Hier bin ich wieder eine krasse Besonderheit. Weil Kaff, Touristen ist man nicht gewöhnt. Jedenfalls keine, die wie ich aussehen. Da laufe ich mit Suraj durch die Gegend, es kommen uns Leute, Familien, entgegen und jeder einzelne sagt ‚good morning Mam!‘, Suraj wird nicht beachtet 😀 Er sagt etwa alle 5min ‚look, that girl/woman/boy/man is so happy to see you!‘. Ich bin ein Glücklichmacher. Meine bloße Anwesenheit erfreut lauter Menschen. Dass das bei Kühen wohl nicht der Fall ist, ist schon ok. Die sind mir eh zu eingebildet. Womit sich mein Verhältnis zu Kühen während meines Indien-Aufenthalts also nicht mehr gebessert hat. (Habe ich erwàhnt, dass ich letztens neben dem Dalai Lama Tempel einen frischen Kuhfladen, der -narürlich- mitten auf der Strasse lag, getreten habe? Ist ja nicht so, dass hier in den Bergen jede Menge Natur ist, in der die Kühe ihres Lebens glücklich sein könnten. Nö. Wenigstens hatte ich Halbschuhe an und nicht Sandalen. Und leider, leider hatte ich nichts zum Schuheputzen zur Verfügung, also habe ich einen Schuhputzer unterstützt. Die Leute brauchen ja Arbeit. Armer Kerl. Dafür gabs Trinkgeld. Er hat auch gleich noch einmal rundum den Gummi angenäht, weil der an 2 Stellen leicht abgelöst war. Und den Reißverschluss von meiner Handtasche hat er auch repariert.  Das finde ich ja toll hier. Man schmeißt nicht gleich alles weg und kauft neu, wenn was kaputt geht, sondern repariert. In Deutschland sind die Reparaturkosten meistens ja so hoch, wie der Neuanschaffungswert. Totaler Mist.

Gestern habe ich eine indische Familie getroffen, die in Amerika lebt und es sehr mutig von mir findet, 10 Monate in Indien zu verbringen. Sie sind seit 1 Woche da und es reicht ihnen auch schon 😀 Die Tage gehts wieder zurück 😀 Schon lustig.

Es gibt in McLeod Ganj, da wo Dalai Lama wohnt, übrigens 2 Läden mit veganem Kuchen *-* deren Stammkundin wurde ich innerhalb kurzester Zeit 😉 Muss man ja unterstützen, solche sympathischen Shopbesitzer 🙂

Übermorgen gehts mit dem Zug -ha! meine Knochen werden Freudessprünge machen!- zurück nach Delhi, da haben wir dann 1 Tag und dann heißt es Abschied nehmen von Varanasi. Wobei ich sagen muss, dass obwohl ich mit jeder Stunde, die mir weniger in Indien bleibt, trauriger und depressiver werde, ich mich auch mehr auf Deutschland freue. Bzw euch. Was irgendwie heißt, dass ich trauriger und glücklicher zugleich werde. Äh, ja.

Ich denke ständig darüber nach, wie es wird, wenn ich zurück bin.

Liebe Grüße und bis bald!

 

~Julie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert