Hohoho – Kommunikation mit Sprachbarriere

Während man auf hindi „ha“ für Ja sagt, sagt man auf marathi „ho“. Bei Bestätigung sage ich also statt „hahaha“ „hohoho“. Bei erstaunter Nachfrage wie unserem „wirklich?“ fragt man „hoi?“. Ich mag Sprachen.

In Sachen Kommunikation hat sich ein bisschen was getan. Marathi kann ich leider immernoch nicht ansatzweise, zugegebenermaßen tue ich allerdings auch extrem wenig dafür. Woher soll es also kommen?
Dafür habe ich einen eigenen Weg gefunden, mit Tambdi Mum zu reden. Aufgrund der geringen Schnittmenge an Alltagsleben und Interessen hat sich das Thema Kochen eigentlich als Hauptkonsens für uns herausgestellt. Und da ich sehr gerne mehr in dem Bereich lernen würde, dringe ich nach und nach weiter vor. Ausgangslage im letzten Winter war, dass ich die Küche praktisch nicht betreten durfte, weil ich als Gast alles serviert bekomme. Im Mai habe ich es immerhin geschafft, beim Kochen zuschauen zu dürfen und ich wurde sogar gebeten, etwas deutsches zu kochen. Ein kleiner Meilenstein!
Und jetzt habe ich es geschafft, Zwiebeln schneiden, Erbsen pulen und Methi zupfen zu dürfen. Ich bin sehr stolz. Unsere Kommunikation besteht hauptsächlich daraus, auf Dinge zu zeigen und sie zu benennen. Auf marathi, hindi, englisch und manchmal deutsch. Und mit Gestik wird meist ergänzt, was damit getan wird. Und dann gibt es noch DAS Wort, welches mit Abstand auf Platz 1 unserer Konversation steht: „me“. Wenn ich helfen möchte, sage ich „me“ und zeige auf Dinge, von denen ich denke, dass ich sie tun könnte. Oder wenn ich mit etwas fertig bin, sage ich „me, no work“, dann lacht Tambdi Mum. Wenn wir uns darum „streiten „, wer etwas macht, dann sagen wir so oft abwechselnd „me“, bis eine aufgibt. Wir lachen viel dabei. Ich mag es.

Zweimal kommt Saloni nach der Schule bei uns vorbei. Sie ist etwa 13 Jahre alt und sehr motiviert, mich vollzuquatschen. Was mich einerseits freut, da viele Leute hier nicht mit mir interagieren (das schiebe ich auf die sprachliche und kulturelle Barriere). Andererseits finde ich es dann den ganzen Tag über doch auch recht anstrengend, weil Kommunikation mit besagten Barrieren einfach deutlich schwieriger ist und mir deutlich mehr Energie abverlangt. Sie ist Fan des Google Übersetzers und übersetzt mir daher auch „ok, no problem“ vom englischen ins englische. Als wir zu zweit zum Fluss gehen, habe ich auf dem Handy aber kein Internet und so müssen wir glücklicherweise auf einzelne Worte übergehen. Mein Lieblingswort ist jetzt „Horror“, denn immer wenn sie Angst hat, sagt sie „Julia Didi, Horror“. Sei es Angst vor möglichen Schlangen, oder dem Mann, der in unsere Nähe kommt und vermutlich nur wissen will, wer wir sind und was wir machen. „Horror!“

Dann gibt es noch Aam Mama, einen „Onkel“ mütterlicherseits. Onkel in Anführungszeichen, weil kein Verwandtschaftsveehältnis besteht, er ist Nachbar des biologischen Onkels. Und Aam Mama, weil er der Mango Onkel ist. Er hat Chichi und mich in der prallen Mittagshitze mit zu kleinen Höhlen genommen, um sie uns zu zeigen. Er spricht kein einziges Wort englisch und da Chichi neben seinen Rollen des Fahrers, Führers, Callcenters, Julia-Manager (bzgl all der Verwandten, die täglich anrufen und Ratschläge erteilen, wie mit mir zu verfahren sei) und Freundes weiterhin eine nur sehr schwach ausgeprägt Motivation hat, auch den Übersetzer zu spielen, bin ich quasi die 2 Stunden Wanderung hin mit meinen Gedanken beschäftigt. In der Pause, die wir bei den Höhlen sind, kletter ich ein wenig auf den Felsen rum und immer, wenn er findet, ich sollte lieber woanders laufen, schreit er mit aus 100 m Entfernung „A“ zu. Je dringlicher, desto häufiger „A A A A“. Schaue ich zu ihm, zeigt er mir die Richtung, die ich seiner Meinung nach einschlagen sollte. Ich mag es. So fühle ich mich doch mehr Teil des Ausflugs. Auf dem Rückweg sagt er ab und an „O“, das fasse ich als Warnung auf. Und als sie sich ewig mit locals unterhalten und ich wieder nichts verstehe und daher vorgehe, ruft er mir lachend „Hoi“ zu. So eine Art „hey“. Wer braucht da schon einen Übersetzer.

Auf dem Weg zur Höhle:

Die kleine Höhle:

Mit Tambdi Dad ist es etwas anders. Er ist zum Glück von den ÜbersetzungsApps weggekommen und wir sprechen wieder mit 25% englischen Wörtern, 75% marathi Wörtern und jeder Menge Gestik. Und anstatt nur „understand?“ zu fragen, fragt er nun „understand? Percentage?“ Und es ist etwas schwierig, abzuschätzen, wie viel ich nicht verstanden habe 😀 aber eine grobe Angabe kann ich machen (zwischen 20 und 90%) und das hilft doch schon.

Zu Tambdi Dad gibt es noch mehr zu erzählen. Er ist sehr gesprächig und lässt sich von unserer Sprachbarriere nicht zurückhalten. Was mich einerseits sehr freut und was ich auch sehr zu schätzen weiß, ist mir an manchen Abenden nach ereignisreichen Tagen dann aber doch manchmal etwas zu viel. Da ist es mir manchmal doch eher nach etwas Zeit für mich, in der ich all die Erlebnisse verarbeiten kann. Ich mag unsere Gespräche aber auch. Und als wir gemeinsam mit dem Auto unterwegs waren, hat er mir immer wieder etwas über die Dörfer berichtet, durch die wir gekommen sind. An einem Punkt musste ich schmunzeln, denn das kam mir sehr vertraut vor. So wie unsere Eltern/Großeltern der Sage nach im Winter ja alle kiometerweit durch den tiefsten Schnee zur Schule stapfen mussten, hat auch Tambdi Dad seine Geschichte. Er ist noch ohne Strom zuhause aufgewachsen und habe mit den Händen Fische im Fluss gefangen. Zudem musste er kilometerweit zur Schule laufen. Und aus Mangel einer Brücke, die wohl erst 1996 gebaut wurde, hatte er eine Plastiktüte dabei, in die er seine Schulbücher und Klamotten steckte. Die auf dem Kopf balancierend sei er dann durch den großen Fluss geschwommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert