Grundregeln des Verkehrs und orangene Adidashosen

Es ist soweit. Genau 10 Tage habe ich es geschafft, in nichts ekliges reinzutreten, das ist nicht schlecht, aber hätten auch mehr sein können. Diesmal war es aber kein Kuhmist auf der Straße, sondern ich war im Musikladen im 1. Stock vom Freund von Nitin, wollte was holen und zack lag auf dem Fußabtreter ein Haufen, den ich auch im Dunkeln problemlos orten konnte. Mit dem Fuß. Da es in dem Haus keine Hunde gibt, schätze ich, ein Affe hat sich durchs Fenster oder ein Hund die Treppe hoch geschlichen. Nichtmal heilige Kuhkacke war es. Im Ranking der Scheißehaufen würde ich also sagen, habe ich einen der schlechtesten erwischt.

Vorhin bin ich in der Schule gewesen und habe eine große Ladung Klamotten für die Kindergartenkids mitgebracht. Die Lehrer waren neidisch, sie wollten auch welche haben. So klein sind sie dann aber doch nicht, dass sie da reinpassen würden ^^
Zusammen haben wir geschaut, wer was am ehesten braucht und ob die Größen passen. Bis zu dem Moment, als es hieß „lelo“ (=nimm es), waren sie toternst, bis sie dann verstanden haben, dass es jetzt ihnen gehört 🙂 dann sind sie mit einem Lächeln und „thank you, mam“ auf ihren Platz im Sitzkreis zurückgegangen 🙂
Bei denen, die keine Klamotten mehr abbekommen haben, war die Enttäuschung natürlich riesig, aber ich habe schon angekündigt, dass ja vielleicht nächste Woche bei der nächsten Ladung was für sie dabei ist.

Heute Nachmittag hab ich mich dann auf den Weg zum Flughafen gemacht, mit einem Tuktuk. Dabei habe ich ein paar Theorien zu existierenden Regeln im Straßenverkehr aufgestellt:
1. Wer nicht hupt, existiert nicht
Die Fahrzeuge scheinen eigenständig über Hupen und Klingeln zu kommunizieren. Bsp: Hup-Huuuuuuup =aus dem Weg (für von hinten angerast kommende)
Huuuuuuuuuuuup =verpiss dich, ich will vorbei
Antwort: Hup =krieg dich mal wieder ein, sobald ich kann, fahr ich zur Seite (meist begleitet von einem genervten Rückblick des Fahrers)

2. Fahr so, als würde hinter dir niemand mehr kommen
Auf Verkehr vor UND hinter dem eigenen Fahrzeug achten? Da haben die Inder eine effizientere Methode. Wenn jeder nur darauf achtet, was vor ihm passiert, ist schließlich auch alles mit Aufmerksamkeit abgedeckt.

3. Verkehr in Indien ist wie diese Spiele auf dem Handy, wo jemand rennt und man ihn lenken muss, weil ständig was den Weg behindert. Nur, dass es bei dieser Reallife-version leider keine Münzen zu sammeln gibt. Da gibt es also noch Optimierungsbedarf.

4. Rangfolge der Verkehrssignale: Polizist-ich
Ampel? Schild? Ist ja schön und gut, dass man so Arbeitsplätze schafft, aber wenn kein Polizist in der Nähe ist-wieso genau soll ich mich dann an irgendwelche Regeln halten? Die kommen ja schließlich nicht von den Göttern.
So als Info nebenbei, dafür gibt es aber für alles einen Gott. Zum Beispiel nämlich für den Verkehr 😀 einmal hab ich Megs zum Spaß gefragt, ob es denn einen Spinatgott gebe. Und ihre Antwort war nicht etwa ein lächerliches nein, sondern „weiß ich nicht, ich kenne keinen. Aber ich frag mal meine Mutter. Auf jeden Fall gibt es aber einen für Obst und Gemüse“. So viel dazu.

Egal, wo man so langläuft, man begegnet ständig seltsamen Kreaturen. Sadhus (Gläubige, die allem irdischen abschwören und vom Betteln leben), die ihre 1000 Ketten mit heiligen Perlen tragen, die Haare lang, meist als Dreadlocks in wirren Zöpfen. Orange ist die Farbe der Götter, sie tragen also nur die Farbe, und jetzt kommts: haben diese Geschöpfe einfach eine knallorangene Sporthose, mit weißen Streifen wie die von Adidas.
Jungs, die in Körben eine Schlange transportieren und von Touristen Geld wollen, wenn sie sie zeigen. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass die Touris, die denen Geld geben, das nur machen, damit der Junge schnell wieder verschwindet.
Schaufesterpuppen, die aussehen, als würden sie jeden Moment Amok laufen oder sich zumindest von einer Brücke stürzen würden, wenn sie denn könnten. Wie man als Bekleidungsgeschäft so seine Klamotten an den Mann bringen will, ist mir schleierhaft. Aber mir ist eh so einiges schleierhaft hier.
Polizisten, die mit den Fingern eine

Pistole formen und damit pseudomäßig auf Leute schießen, die in ihren Augen an der falschen Stelle stehen oder sonstwas falsch machen. Autoritätsperson? Naja, vielleicht ist das Verständnis der Rolle der Polizei hier ja ein anderes. Manche sitzen an ihrem Stand der Verkehrsleitung auch einfach gelangweilt am Smartphone oder lesen Zeitung. Und dann gibts noch die, die die Bankautomaten bewachen. Das sind eh die besten. Treiben sich den ganzen Tag bei den nächstliegenden Geschäften rum oder hängen im 4qm Raum des Automaten ab. Und diese Miniräume sind jeweils mit 2!! Klimaanlagen ausgestattet, die immer auf Temperaturen unter 20º gestellt sind. Damit man auch gleich merkt, dass hier was anders ist beim Reinkommen. Das sind so Schocksekunden, dann beginnt der Körper beim Abheben des Geldes die neue Temperatur viel besser zu finden und schon muss man wieder raus und die Hitze erschlägt einen. Yeah!
Und dann gibt es noch die mutigen. Die, die ihr Gewehr wie einen Stehhocker verwenden. Mit der Öffnung in Richtung Arsch. Das sind die wahren Helden hier 😀
Mit den Affen stehe ich übrigens (noch) nicht auf Kriegsfuß (Autocorrekt schlägt vor: Unistress^^), da sie bis jetzt weder was nach mir geworfen haben, noch auf Wellblechhütten springen und mich damit wecken. Liegt aber auch nur daran, dass in unmittelbarer Nähe meines Gasthauses keine Wellblechdächer sind.
Die Kühe sind auch in Ordnung. Es sind andere, die ich nicht kenne, soweit ich das aber bis jetzt beurteilen kann, haben sie alle ein ruhiges Gemüt.
Ein Hund auf der Straße findet mich klasse und setzt sich ständig neben mich, wenn ich bei Nitins Shop bin, dafür gleicht das ein anderer aus, der bei Milis Wohnung ist. Der hasst mich und kläfft nur, wenn er mich sieht.

Ich dachte ja, ich werde garnicht viel schreiben können, weil Varanasi ja mittlerweile nicht mehr so neu für mich ist. Von wegen. Gesprächsstoff hierüber gibt’s immer ^^

Ich sitze gerade im Flieger, wenn ihr das lest, bin ich gut in Bangalore angekommen 🙂
Bis demnächst,
Julia

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