Es ist Montag, der 16. Dezember 2024 und ich liege im Zug, irgendwo auf dem von Delhi nach Varanasi. Dass ich den Blog auf meiner letzten Reise an Tag 2 gestartet habe, nehme ich als Anlass, diesmal an Tag 3 zu starten. Also heute 🙂
Tatsächlich gibt es auch noch garnicht viel zu berichten. Am Freitag früh habe ich mich wieder mal auf den Weg zu meinem Lieblingsziel gemacht: Indien! An sich hat alles gut geklappt, nur im zweiten Flug saß eine Familie mit kleinem Mädchen hinter mir, deren Motivation, sich auch nur annähernd ruhig zu verhalten quasi negativ war. Dass sie mich 4h durchgehend getreten und vollgeschrien hat, kann ich ihr kaum übel nehmen. Denn in ihrer kurzen Verschnaufspause fing ihre Mutter an, ihr eine Lobeshymne über Indien vorzusingen und da ist sie direkt mit eingestiegen. Yeah. Ist auf jeden Fall ein nicht unauthentischer Einstieg in mein Urlaubsziel. Die Eltern nicht zu verurteilen, ist mir leider nicht ganz gelungen, dabei hab ich mir schon Mühe gegeben. Zumindest in der ersten Stunde. Morgens gegen 6 (1:30 Uhr nachts in Deutschland) bin ich dann mit Nerven aus Schokolade gelandet und mit dem Taxi zu Michas Bäckerei gefahren. Naresh begrüßt mich und fragt, welches Brot ich denn gerne frühstücken möchte. Die Brote sind richtig gut, aber zum einen will ich jetzt nicht frühstücken, weil ich gleich endlich pennen gehe. Und zum anderen will ich schon garkein deutsches Brot als erste Mahlzeit in Indien essen. Ich quatsche daher nur kurz mit ihm und verabschiede mich dann in Michas Wohnung zum Schlafen.
Mittags stehe ich auf und gehe zum Mittagessen in die Bäckerei. Dann laufe ich zum nächsten Markt und suche vergeblich eine Simkarte. Also gehe ich wieder schlafen und schon ist der Samstag rum.
Am Sonntag schlafe ich lange, stehe mittags auf und mache mich auf den Weg zu einem Markt, den ich kenne. Hier werde ich fündig. Als ich am Nachmittag zurück fahren möchte, treffe ich doch noch einen Bekannten der deutschen Schule in Delhi. Er hat in der Botschaft gerade noch den Nikolaus gespielt und ist fast enttäuscht, dass er in seinem Alltags-Outfit nicht halb so viel Aufmerksamkeit erfährt. Wir gehen zusammen Essen und ich erfahre viel darüber, wie es ist, an der deutschen Schule als Lehrer zu arbeiten. Nach 2 Runden Darts verabschiede ich mich und falle müde ins Bett.
Auch in Indien ist jetzt Winter und das heißt, die Durchschnittstemperatur ist jetzt auch hier niedriger. Tagsüber sind es etwas mehr als 20° und nachts kühlt es auf ca. 8° C runter. Morgens und abends finde ich es schon auch kühl, aber tagsüber komme ich im Gegensatz zu den meisten Leute hier auch gut ohne Mütze und Jacke aus. Das können einige hier garnicht nachvollziehen. Sie finden, ich sollte meinen Kopf vor der Kälte schützen, um nicht krank zu werden.
Und schon ist Montag. Wieder schlafe ich lange und stehe erst mittags auf. Nach einem Telefonat mit Antonia und dann Chichi ruft Naresh an und fragt, wo ich bin und ob ich zum Essen komme. Außerdem will er wissen, wo ich denn gestern gegessen hätte? Lieb. Dass ich zum Essen nicht in die Bäckerei gekommen bin, kann er nicht wirklich nachvollziehen. Ich verspreche, gleich rüberzukommen. Scheinbar kommt auch Claudia und bringt Essen. Keine Ahnung, wer das ist, aber wir sagen kurz hallo und dann ist sie auch schon wieder weg. Und dann treffe ich noch Dolly und Suriya. Dolly lebt noch bis Januar im Kinderheim, dann wird sie 18 und zieht in ein Zimmer in Michas Büro. Sie macht eine Ausbildung zum Bäcker. Letztes Jahr habe ich zusammen mit ihr Waffeln gebacken, da erinnert sie sich noch dran. Dolly ist witzig, ich mag sie. Suriya kenne ich noch nicht, sie ist 2019 aus Afghanistan gekommen und arbeitet jetzt auch in der Bäckerei. Nebenbei hat sie Hindi gelernt, freut sich schon auf ihren Deutschkurs ab Januar, weil ihr die 5 Sprachen, die sie bereits beherrscht scheinbar nicht reichen. Sie ist mir sympathisch und wir beschließen, gemeinsam zu einem Markt zu fahren. Wegen des Verkehrs zieht sich die Fahrt ganz schön und ich werde auf dem Rückweg langsam nervös. Aber ich komme am Ende 45 min vor Abfahrt des Zuges mit meinen 2 großen Koffern, dem Handgepäcksrucksack sowie dem kleinen Rucksack und einem Paket für Micha am Bahnhof an. 2 Kulis haben sich an meiner Überforderung, das Gepäck mehrere Treppen hochzutragen bereichert. Aber die 5 € waren es mir echt wert. Obwohl ich schon deutlich zu viel gezahlt habe. Aber immerhin habe ich sie von den ursprünglichen 1000 Rs pro Koffer auf 200 Rs (statt ~120 Rs) runtergehanelt bekommen.
Am Gleis stellt sich kurz später eine große Familie so neben mich, dass ich plötzlich in ihrem Kreis mit drin stehe. Nachdem ich sie kurz bitte, auf mein Gepäck aufzupassen, während ich mir eine Banane und frittierte Erbsen besorge, ist das Eis gebrochen und ein kurzes Fotoshooting beginnt. So geht die Zeit gut rum und der Zug fährt auch schon ein. Ein indischer Hipster hilft mir mit dem ganzen Gepäck und ich finde meinen Platz. Ich habe Platz 49, den untersten Liegeplatz von 3 übereinanderliegenden Schlafplätzen. Mag ich garnicht, weil viele Inder länger da unten sitzen wollen und ich mich eigentlich immer sofort schlafen legen mag. Und schon ist die Familie da, mit welcher ich den 6er teile. Jitender ist etwas jünger als ich und er reist mit seinen Eltern nach Varanasi. Sie bitten mich, Plätze zu tauschen, sodass der Vater nicht ganz hochklettern muss und großzügig willlige ich in den Platztausch ein. Perfekt. Mein ganzes Gepäck finden sie zwar etwas störend, aber wir finden schnell eine Anordnung, die passt. Irgendwann kommen wir doch noch ins Gespräch und es stellt sich raus, dass Jitender ein wenig deutsch gelernt hat und sein Bruder sei wohl auch gerade in Deutschland. Nämlich in Amsterdam. Ich wurde vor ein paar Jahren mal gefragt, ob ich Japanerin sei – dagegen ist Amsterdam ja praktisch Deutschland.
Bevor ich schlafe, fällt mir ein, dass ich noch einen Schokonikolaus dabei habe. Ein Geschenk vom Sohn von Freunden aus Deutschland, das mir jetzt gerade recht kommt. Ich mache ein Foto, wie ich ihn esse und schicke es ihnen. Dann schlafe ich auch schon ein.
Schön, dass du wieder schreibst.
Deine Mama 🙂
Schön, dass du wieder mitliest, Mama