Zu Hause im Schlemmerland

Mittlerweile bin ich länger als 3 Wochen hier und ich denke, ich kann sagen, dass ich jetzt hier zu Hause bin. Wie ihr ja schon bemerkt habt, gehts mir super und ich fühle mich total wohl hier. Ich habe Freunde gefunden und das Essen schmeckt. Und da ist noch die phänomenale Aussicht vom Dach. Natürlich vermisse ich euch trotzdem 🙂 aber ich hab mich eingelebt. Über die viel zu teuren Angebote für Rikshafahrten, Gemüse, Obst und Textilien lache ich nur noch. Weil mir das Leben Spass macht 😀 Viele Verkäufer aus den Gassen, durch die ich immer laufen muss, um zur Hauptstrasse zu kommen, kennen und begrüßen mich immer mit einem Lächeln im Gesicht 🙂 das ist schön. Ein Keksverkäufer versucht jedes mal, mir welche anzudrehen, ich finds witzig 😀 Manche fragen mich, ob ich sie den nicht wiedererkenne. Nee, sorry, aber so viele neue Gesichter. Da kann ich mir nicht jedes Gesicht merken, dass mich mal gefragt hat, woher ich komme und wie ich heisse. Langsam kann ich mir ein paar Namen der Kinder aus der Schule merken.
Wo ich jetzt bei Schule bin. Die sind soll süß, die Kinder. Sie fange richtig an, mir ans Herz zu wachsen. Obwohl sie nichts lernen wollen 😀 und obwohl mir 500Rs (6,25€) gestohlen wurden. Was solls, es ist nur Geld. Jetzt nehm in halt nur noch maximal 100Rs (1,25€) mit. Ich habe eine ganz besondere Beziehung zu einem Mädchen. Wir strecken uns immer gegenseitig die Zunge raus 😀 und ziehen Grimassen. Ihre Eltern arbeiten in der Schule, deshalb ist sie auch Abends immer da. Ruft immer „Julia Mam“, zieht eine Grimasse und rennt schnell wegm damit in sie nicht kitzeln kann. So süß 🙂 mein Lieblingskind. Ich weiß, ich sollte alle Kinder gleich gerne haben. Aber wie denn bitte, wenn manche einfach so süß und andere nervig sind? Da ist zum Beispiel so ein Streberkind 😀 sie ist die einzige, die alles kapiert, was natürlich toll ist, aber ihre Stimme. Etwa so hoch, wie eine Piccoloflöte spielt. Und dann sind da andere Kinder, die mich Dauerumarmen und so süß lächeln! Und manche finden es so lustig, mich hindi sprechen zu hören, dass sie mir am Liebsten alles jetzt sofort beibringen wollen. Ich kann jetzt übrigens bis 20 zählen. Was bin ich stolz 😉 Auf dem Gesamten Nachhauseweg habe ich vorwärts und rückwärts gezählt. Das entspannt. Und ich war so in Gedanken, dass mich die Rikshafahrer entweder nicht gefragt haben, oder ich es nicht mitbekommen habe 🙂

Seltsames Bild. Abends auf dem Weg zum Gasthaus laufe ich am verwirrtesten Rikshafahrer, den die Menschheit je gesehen hat, vorbei. Ja, ich bezeichne mich schon als Menschheit. Da seht ihr mal, was die Inder aus mir machen, wenn sie mich ständig wie eine Prinzessin behandeln. Wie gut, dass es da noch die Kühe gibt. Auf die ist Verlass, die wissen wenigstens, dass sie heilig sind und ich nicht 😉 Zurück zum Rikshafahrer. Ein europäisch aussehendes Touristenpaar hatte eine Riksha genommen und am Ziel angekommen mussten sie direkt ein Beweisfoto ihres Abenteuers machen. Der Rikshafahre wurde auf der Sitzbank platziert, der stolze Mann saß auf dem nicht ganz so komfortablen Fahrrad Sattel, tat so, als führe er (seht ihr? Konjunktiv. Wer den erfunden hat verdient keinen Preis. Wie bitte kam er auf die komischen Formen?) und die Frau hat das Foto gemacht. Das Gesicht vom Rikshafahrer hätte ich gerne in Großaufnahe fotografiert 😀 sein ganzes Weltbild wurde da innehalb einer halben Minute auf den Kopf gestellt.
Zu den Rikshafahrern. Mittlerweile kennen mich schon recht viele und wissen, wo ich hin muss. Morgens wird sich darum gestritten, wer mich heute fahren darf. Auch wenn ich schon einen Fahrer gefunden habe, bzw er mich erobert hat ;), wird weiterdiskutiert und ich werde weiter umworben. Witzig ist, dass ich auch von Rikshafahrern gefragt werde, ob sie mich nicht fahren sollen, wenn ich mich schon in einer sich fortbewegenden Riksha befinde. Nicht witzig aber erwähnenswert sind die stets hilfsbereiten Polizisten. Achtung, Ironie. Ihr wisst schon, die mit den Schlagstöcken, Gewehren und dem nicht ganz so furchterregenden aber stets vorhandenen Essen. Habe schon ein paar mal gesehen, wie sie eine Riksha oder ihren Fahrer geschlagen haben. Und wenn ich dann in einer Riksha an einem Freund und Helfer vorbeifahre und sehe, dass er seinen Schlagstock hebt, fördert das nicht unbedingt mein Sicherheitsgefühl. Das fördert eher mein Bedürfnis, ihm Essen zu geben 😀
Apropos Essen: in der ersten Woche hatte ich ja so mein Problem mit der Nahrungsaufnahme. Hatte sogar abgenommen. Das ist mehr als gelöst. 😀 ich habe quasi immer Hunger und esse viel zu viel. Und mit viel meine ich viel :D. Am Wochenende (ja, ich hatte tatsächlich ein Wochenende weil Montag Feiertag war. Samstag ist hier ja ganz normaler Werktag) war ich mit Manish frühstücken, es gab Gemüsecurry mit frittierten Chapati. Super lecker! Ich habe allerdings erst um 12 gefrühstückt, weil ich a) länger geschlafen habe (nur bis 9, aber das ist schon fast ein Wunder. Es war so wunderbar :D) und b) früher kein indisches Frühstück runterbekomme. Das ist eher was für mittags. Oder abends. Aber da gibt das nicht mehr, weil es ja Frühstück ist. Abends gibt dann halt anderes Curry 😀 In dem -ich weiss nicht, wie ich es neben soll. Restaurant ist übertrieben. Eher Strassenstand mit Sitzmögichkeit- habe ich 5 handgroße Chapatis und zwei kleine Schüsseln Curry gegessen. Die Männer an meinem Tisch fanden es super lustig, dass ich si viel gegessen habe. Als Nachtisch gab es eine undefinierbare Süßigkeit. Den Namen Süßigkeit hat es sich eindeutig verdient. Jede deutsche Mutti hätte es seinem Kind wegen möglichem Zuckerschock und schwarzen Zahnverfärbungen verwährt. Das beste kommt noch. Die Süßigkeit wird gegessen, um den scharfen Geschmack vom Curry zu übertünchen. Den find ich aber so gut, deshalb hab ich den Nachtisch zwischendrin gegessen. Konnten meine indischen Mitmenschen garnicht nachvollziehen. 😀 Sie wollten mir direkt mehr von dem Zeug bringen.
Eine Stunde später haben Manish, ein Freund von ihm und ich dann noch Masala Dosa gegessen. Das ist wie Crêpe mit Gemüsefüllung und einer scharfen Soße. Ich hab meins und die Hälfte von Manishs gegessen. Hatte auch die Hälfte von seinem Curry gegessen 😀 Also wenn ich hier sterben sollte, garantiert nicht, weil ich verhungert bin. Ich hab übrigens einen Grund für den monströsen Schärfegrad herausgefunden. Der bringt einen noch mehr zum schwitzen, ist also nicht unbedingt clever, wenn es eh schon gefühlte 50 Grad hat. Ganz einfach. Wenn das Essen so scharf ist, isst man weniger und gibt damit auch weniger Geld aus. Ich glaube ja, dass der Schärfegrad vor allem dafür gut ist, sämtliche Viren, Bakterien und was es da sonst noch so an Überltätern gibt, abzutöten. Immerhin wird ja an der Strasse gekocht, alles wird mit den Händen angepackt, das Geschirr wird nicht mit Trinkwasser gewaschen. Das deutsche Gesundheitsamt würde Amok laufen. Beziehungsweise es hätte eine Beschäftigung für die nächsten Jahrhunderte. Statt Tellern werden auch gerne riesige, getrocknete Blätter verwendet. Und wenn man Essen zum Mitnehmen kauft, wird es entweder in aus Zeitungspapier gefertigten Taschen oder einfach in Plastiktüten verpackt. Plastiktüten sind hier ganz beliebt. Besteck gibt eh nicht, es wird alles mit der Handgegessen. In der Schule ist es immer eine Tortur, einen Löffel zu finden. Hab mir jetzt einen gekauft 😉 Ich versuche zwar auch vieles mit der Hand zu Essen, aber bei Reis mit Soße ganz ohne Chapati ist der Löffel dann doch ein guter Freund und Helfer. Und wirbt den Polizisten ihren Ruf ab 😉
Ich freu mich, dass ihr mitlest!
Ganz liebe Grüße!!! 🙂

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