Eine Hand wäscht die andere

Ich mag die meisten Leute hier im Gasthaus und von anderen Teilen Michas Projekts. Sie sind überwiegend nett und wir helfen uns gegenseitig. Sie besorgen mir zB. Mangos, weil sie die noch günstiger bekommen und außerdem die besten raussuchen und ich helfe ihnen dabei, Nachrichten an ihren Boss auf englisch zu verfassen. Was irgendwie witzig ist, weil ich so von mehreren Handys den Tag über mit Micha schreibe und auch selbst mit ihm telefoniere, um abzusprechen, wie ich ihn hier noch unterstützen kann. Oder eben, um festzustellen, dass mich so ein paar Treppenstufen nicht unterkriegen 😀

Die Sache mit dem Helfen ist auch sicherlich immer lieb gemeint. Aber manchmal mache ich die Dinge lieber selbst. Die Tage zum Beispiel, als ich mal Bananenbrot backen wollte, habe ich verkündet, dass ich Bananen kaufen gehen will. Ammar meinte, er kommt eben mit. Gut, dachte ich. Kann ja nicht viel schief gehen bei, dachte ich. Dass er aber jeden einzelnen Gemüse(!!)-Händler, der einen Holzwagen als Stand hat, fragt, ob der auch Bananen verkauft? Damit hatte ich nicht gerechnet. Mal eben Bananen besorgen? Nope. Ich bekomme langsam (ok, ehrlichgesagt sehr schnell) den Eindruck, indische Männer trauen Verkäufern nicht über den Weg. Der etwa 70-jährige Mann, der einen großen Holzwagen mit Mangos vor sich herschiebt. Der schaut verdächtig danach aus, eigentlich auch Bananen zu verkaufen, sie aber nur vor uns zu verstecken. Während mein deutsch geprägtes Hirn die Situation analysiert und zu dem Schluss kommt, dass der Mangoverkäufer offensichtlich keine Bananen hat und ich weitersuchen sollte – da denkt sich ein indisch geprägtes Hirn in solch einer Situationen aber scheinbar etwas anders. Hier gilt entweder „der Mann verkauft etwas. Ich sollte ihn unbedingt fragen, ob Bananen zu seinem Sortiment zählen und dann noch 2 min so mit ihm quatschen.“ Oder vielleicht „ich sehe keine Bananen, also frage ich danach“. Manchmal habe ich auch das Gefühl, es lautet die Devise „lieber 2x nachgefragt, als 1x nachgedacht“.

Ähnliches in einem Supermarkt. In den ich primär deshalb gerne gehe, weil man da in Ruhe gelassen wird und einfach nur schauen kann, was es gibt. Außer natürlich, man ist mit Begleitung dabei, die sofort mehr als genug Gründe kennt, das Personal zu sich zu holen. Und dann geht man mit 3-4 Mitarbeitern im Schlepptau durch den Laden und bekommt gesagt, was man gerade vor sich im Regal sieht. Diesmal bin ich mit der Hoffnung hingegangen, evtl Senf oder Sauerkraut zu finden, um meinen Freunden etwas deutsches kochen zu können. Und man kann natürlich nachfragen, wenn man etwas nicht findet, soweit sehe ich das noch ein. Senf hatten sie tatsächlich da und vielleicht mache ich bald mal einen Kartoffelsalat.

In der kleinen Obst- und Gemüseabteilung waren keine Guavas zu finden und ich habe eine neue Herangehensweise an die Situation gelernt.  Man frage einfach jeden einzelnen Mitarbeiter (und glaubt mir, es sind viele. Es sind immer mehr Mitarbeiter als Kunden vor Ort), ob sie denn Guavas hätten. Jeden. Einzelnen. Spoiler: nein. Haben sie nicht. Anschließend bietet sich außerdem an, noch 10 weitere Minuten in dem Laden zu verbringen. Vielleicht aufgrund der Atmosphäre. Ich verstehe nicht, was meine lieben BegleiterInnen immer alles besprechen, da sie mir einfach nur übersetzen „nein, Guavas gibt es keine“. Das ist die ausführliche Zusammenfassung einer 10-minütigen Unterhaltung. Also ja. Ich habe sie gern aber manchmal finde ich es ein bisschen anstrengend.

Heute war ich in einer kleinen Shoppingmall. Alleine. Im Nachhinein habe ich es erzählt und es kam sofort „oh nein, wir hätten doch zusammen hingegen können! Hättest du nur eher was gesagt! Wir hätten zusammen Spaß haben können“ Ja. Nein. 😀

In Anlehnung an Ludwigs Beschwerde zum ersten Beitrag, der seiner Meinung nach nicht mit Tag 2 beginnen sollte und außerdem ein „halber Roman“ ist, halte ich mich heute mal kürzer 🙂

Viele Grüße!

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