Gutes Essen und Freiheitsgefühle in Goa

Und zack, ist auch die Zeit in Goa wieder rum. Ich sitze am Bahnhof und warte auf meinen Zug, der mich eigentlich vor einer viertel Stunde hätte Richtung Mumbai bringen sollen. Wir haben 35°, was unter dem Ventilator angenehm ist. Was weniger angenehm ist – und das ist schon arg beschönigt ausgedrückt – ist das kleine Kind, welches hier mit Quietscheschuhen durch die kleine Halle rennt. Wie kann man denn seinem Kind so etwas anziehen? Schrecklich. Leider hat das Kind eine meiner Meinung nach übermäßige Motivation, sich darin fortzubewegen. Leider kann es laufen.

Aber zurück zur Zeit in Goa. Am Flughafen angekommen werde ich von einem Taxi abgeholt, welches mich 45 min später am Hostel absetzt. Und genau zur gleichen Zeit kommt auch Mili an, um mich zu begrüßen. Wie schön. Mili ist die Freudin, mit der ich letzten Sommer einen kleinen Trip nach Rajasthan gemacht hatte. Sie ist zwischenzeitlich zu ihrem Mann nach Goa gezogen und deshalb bin ich nach Goa gekommen. Am nächsten Mittag treffen wir uns im Restaurant ihres Mannes, wo sie arbeitet und außerdem beschlossen hat, mich während meines Aufenthalts zu verköstigen. Das Essen schmeckt sehr gut, demnach werde ich mich bestimmt nicht dagegen wehren. Außerdem weiß sie, dass ich vegan bin und achtet darauf. Das ist natürlich auch cool.

Hier 2 Fotos von tibetischem Essen aus dem Restaurant ihres Mannes:

Nach dem Essen möchte ich unbedingt an den Strand und spazieren gehen. Von letztem Jahr sollte Mili ja eigentlich noch wissen, dass ich gerne laufe und auch nicht wenig (für indische Verhältnisse). Trotzdem beharrt sie darauf, mitzukommen. Ich erinnere sie daran, wie sie letztes Jahr jede Sitzgelegenheit für eine Pause genutzt hat und sich nach etwa 5 min anfing, zu beschweren. Sie will trotzdem mit. Na gut. Sie bittet ihren Mann, uns die etwa 300 m zum Strand zu fahren. Fängt auf jeden Fall gut an, unser Spaziergang. Schließlich laufen wir los und nach etwa 10 min macht sie die erste Pause. Ich sage ihr, dass ich nicht auf sie warte, sondern weiter gehen werde (sonst komme ich heute keine 500 m mehr weiter) und sage, sie soll doch heim gehen. Aber nein. Ein Sturkopf. Vermutlich genießt sie auch, rauszukommen und nicht entweder daheim oder im Restaurant zu sein. Sonst scheint sie nicht viel unterwegs zu sein. Nach etwa 40 min fragt sie mich, wo ich sei und nachdem sie erfährt, dass ich nicht innerhalb der nächsten 10 min zurück sein werde, geht sie schließlich zurück. Nach meinem Spaziergang kehre ich ins Restaurant zurück, esse Abend und verabschiede mich ins Hostel.

Der Strand:

Am Donnerstag organisiert Mili uns einen Motorroller. Der Vermieter möchte nur wissen, ob ich sowas schonmal gefahren hätte, gibt mir den Schlüssel und zeigt den Helm. Dann ist er weg. Gut, dass ich zur Sicherheit noch den internationalen Führerschein ausstellen lassen hatte 😀 Wir düsen los und fahren zu verschiedenen Märkten. Die ersten 5 min wiederholt meine innere Stimme mantraartig „links, links, links“ weil eine der wundervollen Überbleibsel der britischen Kolonialzeit der Linksverkehr ist. Da ich aber ja schon des öfteren Zeit in Indien verbracht habe und man ja auch als Fußgängerin mit dem Linksverkehr in Berührung kommt (besonders in einem Land ohne Bürgersteige), fühle ich mich recht schnell sicher auf der linken Seite. Mili spielt Lotsin und muss sich in ihre Rolle noch reinfinden. Immer, wenn ich vor einer Kreuzung frage, wo wir hin müssen, lautet ihre fachmännische Antwort „straight“. Besonders hilfreich, wenn man nur rechts oder links fahren kann. Sie legt den Begriff „geradeaus“ offensichtlich anders aus, als ich. Während sie ihn etwas großzügiger für praktisch alle Richtungen anwendet, halte ich eine Abgrenzung zu rechts, links sowie zurück eigentlich relativ vorteilhaft. Aber ok. Sie zeigt mir irgendwann das Handy, sodass ich ihr geradeaus für mich übersetzen kann und so kommen wir am Ende ans Ziel. Auf den Märkten gibt es für mich wenig interessante Dinge, was Mili enttäuscht, weil sie mir gerne etwas geschenkt hätte. Dafür kaufen wir noch ein paar tibetische Flaggen fürs Restaurant. Auf dem nächsten Markt sage ich etwas zu unbedacht, dass ich Süßkartoffeln mag, als wir an einem Verkäufer vorbeikommen. Und zack, gehen wir mit 1 kg Süßkartoffeln weiter. Ihr Mann möge die auch und dann sollen die Köche uns doch was damit zubereiten. Ok.

Zurück im Restaurant wissen die Köche leider absolut nicht, was man mit Süßkartoffeln anstellt und so bekommen wir 2 h später einfach gekochte Süßkartoffeln serviert. Jeder 0,5 kg. Ich weiß ja nicht, was die von mir halten, aber ein halbes Kilo Kartoffeln ist schon einiges für eine Mahlzeit. So groß bin ich auch wieder nicht. Vollgestopft mit Süßkartoffel und bepackt mit der halben Portion für den nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg zum Hostel.

Am Freitag fahre ich vormittags alleine mit dem Roller durch die Gegend. Das ist super, man fühlt sich so frei. Es ist warm, der Fahrtwind ist echt angenehm und die Landschaft ist einfach schön. Viel Wald, viele Palmen. Und natürlich das Meer. Schön. Am Nachmittag mache ich mit Mili ein paar Erledigungen und abends gibt es wieder leckeres Essen. Als ich zurück ins Hostel komme, ist eine Party im Gange. Alkohol, Drogen, Partys. Dafür ist Goa bekannt und dabei fühle ich mich total wohl. Als einzige vom 8-Bett-Zimmer liege ich gegen 10 im Bett und höre dem starken Bass von dort zu.

Mein Roller des Vertrauens:

Und dann ist es mal wieder soweit und ich bin krank. Glücklicherweise ist es nur eine Erkältung. Frag mich einer, wie ich mir die bei 35° C tagsüber und 25° C nachts eingefangen habe. Aber da habe ich mittlerweile scheinbar ein Händchen für. Jeder hat halt so seine Talente. Den Tag verbringe ich daher im Bett, größtenteils im Halbschlaf. Und Sonntag breche ich ja auch schon wieder auf. Ich habe ein Zugticket für eine Fahrt von Thivim nach Chiplun. Chiplun liegt etwa auf der Hälfte des Wegs nach Mumbai und laut Google Maps ist es am Rand eines Nationalparks. Von 13:38 bis 18:22 Uhr sollte ich im Zug sitzen. Aber natürlich verschiebt sich alles.

Zurück zum Bahnhof. Mittlerweile bin ich schon seit 3,5 Stunden hier und warte noch immer auf meinen Zug. Und da ich außer 3x 20 g gerösteten Kichererbsen keinen Proviant mitgenommen habe, schaue ich dann doch mal am Kiosk vorbei. In den letzten Tagen habe ich meine absoluten Lieblingschips wieder entdeckt! Bombay Chips. Das sind gut gewürzte Bananenchips (nicht süß), ich liebe es. Und da ich eventuell über die kurze Zeit etwas mehr davon gegessen habe, als es meinem Körper gut tut, beschließe ich, bei meiner Ernährung wieder auf eine größere Ausgewogenheit achte. Ich kaufe eine Zitronenlimonade, denn süß waren die Chips ja nicht. Mein Wasser entspricht gefühlt der Temperatur, die meiner Wohlfühltemperatur in der Wärmeflasche entspricht. Praktisch, wenn man Tee trinken möchte. Ich möchte keinen Tee trinken. Und auch wenn irgendwelche schlauen Leute sagen, dass warmes Wasser gut ist – mag ich jetzt gerade nicht. Das werde ich zurück in Deutschland vermutlich deutlich mehr zu schätzen wissen. Hier gerade eher so mäßig. Um 17:30 Uhr fährt schließlich mein Zug ein. Wuhuu. Nur 4 h Verspätung. Die Wartezeit wurde mir unter anderem durch eine große Familie versüßt, die alle in unterschiedlichen Konstellationen Fotos mit mir machen wollten und am Ende nochmal Einzelpfotos, wie wir uns die Hände schütteln. Das ist mal eine neue Pose, daher bin ich der Familie sehr wohlgestimmt. Irgendwann schaut noch ein Vater mit Baby auf dem Arm vorbei und setzt es mir für ein Foto auf den Schoß. Ich mag viele Kinder (zumindest, wenn sie nicht in Quietscheschuhen rumlaufen), aber da habe ich leichte Bedenken. Kleinkinder, die den Anblick von Leuten mit heller Haut nicht gewohnt sind, hatten in der Vergangenheit oft Angst vor mir und zu einer Traumatisierung des Kindes möchte ich nur sehr ungerne beitragen. Überraschenderweise fängt es beim Anblick meines aufmunternden (zumindest ist das meine Intention. À la wir stehen das gemeinsam durch und dann kannst du gleich wieder zurück zu deinem Papa) Lächelns aber an zu lachen. Hach, wie schön. Das Kind bleibt daher noch einen Moment auf meinem Schoß sitzen und wir lachen uns gegenseitig an. Das hat die Wartezeit eindeutig aufgewertet!

Und schon haben wir 22:26 Uhr und ich sitze noch immer im Zug. Eben wollte mich ein Mann von meinem Platz verscheuchen, aber da ich ziemlich sicher bin, dass das hier meiner ist, habe ich ihm das gesagt und ihm ist sein Fehler aufgefallen. Danach hat er sich sogar entschuldigt. In Ordnung. Ich war so sicher, weil mich der Ticketkontrolleur vorhin angesprochen hat, ob ich Juli auf Platz 79 sei. Und wenn er das schon im Zusammenhang mit dem Platz fragt-da glaube ich eher weniger, dass der Mann von Platz 80 (drüber) auch Juli heißt. Irgendwann kommen wir dann doch mal in Chiplun an. Mich holt Prachit, ein Freund meiner Gastgeber ab. Das war noch ein kurzes Hin und Her, weil sie aufgrund meiner großen Verspätung dachten, ich komme vielleicht garnicht. Aber passt dann alles. Er fragt mich glücklicherweise, ob ich schon gegessen hätte und so halten wir noch an einem chinesischen Restaurant, wo ich gebratene Nudeln mitnehme. Dann erzählte er, dass sie heute Nacht auf eine kleine Nachtsafari aufbrechen wollen – in der Hoffnung, einen Leopard oder sogar Tiger zu sehen. Und ob ich nicht mitkommen möchte. Puh. Ich bin müde, mir geht es zwar deutlich besser aber fit bin ich nicht und nach der ganzen Warterei heute würde ich mich auch ganz gerne einfach irgendwo gemütlich hinlegen. Ich sage zu, schlafen kann ich auch später. Wer weiß, wann ich das nächste mal zu einer Nachtsafari mit der Möglichkeit, eventuell einen Leoparden oder andere exotische Tiere zu sehen, eingeladen werde. Die Möglichkeit muss ich also nutzen. Wir steigen zu 7. in den Viersitzer und es ist zwar etwas eng, aber geht. Erst hatte ich befürchtet, dass jetzt wegen mir das Auto zu voll wird – bis noch mehr Leute eingestiegen sind. Wir sehen 4 Hirsche, 2 kleine Schlangen (ca. 80 cm lang), einen Vogel und eine Wildkatze gesehen. Wir sind gegen halb 1 nachts aufgebrochen und um halb 5 gehe ich schließlich schlafen. Obwohl wir Serpentinen auf schlechten Straßen gefahren sind, wodurch mir übel wurde und ich ja auch Tiere sehen wollte, bin ich nach etwa einer Stunde eingeschlafen. Der Halbschlaf im Auto war überraschenderweise eher weniger erholsam und um halb 5 bin ich wirklich fertig.

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