Happy Diwali! Und ein paar wenige Kulturunterschiede.

Dipoli. Das ist das Lichterfest. Und Diwali ist das hinduistische Silvester. Das war vorgestern, Dipoli geht mehrere Tage lang. Gestern war also mitten im Jahr Silvester-immerhin gilt auch hier der Kalender, dessen Namen ich nicht weiß, der aber auch in Europa gilt. 🙂 Alle wünsche sich „happy Diwali“ und abends sieht man überall Lichterketten, Kerzen, (da kimmt bei mir schon fast Weihnachtsstimmung auf 🙂 aber nur fast!)bis abends der Höhepunkt komm: das Feuerwerk. Wobei das nicht um Mitternacht beginnt, sondern so gegen 8. Um 9 klang es dann schon langsam ab. Wobei man bis 3Uhr immer noch was gehört hat.

Natürlich habe auch ich Raketen und so einen Kram gekauft. Das war verhältnismäßig echt teuer. Kann aber auch daran liegen, dass ich mich vermutlich mal wieder übers Ohr hauen lassen habe :). Dafür habe ich jetzt 3 neue Freunde-nämlich das Ehepaar, dessen Monatseinkommen ich da vermutlich gesichert habe und ihren Sohn 🙂 tja, leider war das Zeug ein ziemlicher Reinfall. Die Raketen sind, wenn sie denn geflogen sind, 3m weit, nämlich gegen die nächste Hauswand geflogen, die anderen Böller waren nicht so in Stimmung, in die Luft zu gehen. Ist ja Feiertag. 🙂 selbst die Wunderkerzen haben uns im stich gelassen. Was ich aber eigentlich nicht so tragisch finde. Ich mag Böller nicht, habe sie nur für Guru und Sanjay gekauft. Die beiden Spielkinder waren echt enttäuscht. Tja, damit mussten sie dann wohl klarkommen. Der Abend war echt schön, wir haben noch Freunde von ihnen am Ganges getroffen, die armen Kindern Böller verschenkt haben. Glücklicherweise hatten sie noch welche übrig, dann hatten Guru und Sanjay auch noch ihren Spaß 😀 was etwas irritierend war, ist die Tatsache, dass niemand an den Ghats war. Außer uns. Niemand. In Indien. Das macht mir Angst. Mehr, als all die Leute beim Durgafestival. Wo waren die denn alle? Ich geh mal davon aus, dass das familienintern gefeiert wurde. Oder Varanasis Bevölkerung ist für eine Nacht ausgewandert. Auch möglich. Hier weiß man ja nie 🙂

Heute war ich endlich mal bei der BHU, der Uni. Alle meinten, es sei so schön da, ich müsse da mal hin. Als ich aufgewacht bin, war es schon 3 Uhr 😀 da blieb nicht mehr soo viel Zeit, da es ja um 6 schon stockdunkel ist. Also kurz gefrühstückt und mit der Riksha los zur Uni. Riesengroß! Das Unigelände. So groß, dass man mit dem Motorrad, Auto und der Riksha fahren muss, wenn man in absehbarer Zeit wohinkommen will. Ich war im Birla Tempel. Wow! Endlich mal ein Tempel, der beeindruckt! Von außen sieht er echt gigantisch aus, von innen eher ’normal‘. Aber auf jeden Fall sehenswert. Ich hatte keine Kamera dabei, aber nächstes mal zeige ich euch Bilder. Auf dem gesamten Gelände vom Tempel musste barfuß gelaufen werden, da hab ich mich direkt gefragt, wie das wohl im Winter ist, wenn es nur 8° hat. Heute war das ja schon grenzwertig. Bei 27°. Ja ich hab mich tatsächlich soweit an die hohen Temperaturen gewöhnt, dass ich hier bei 27° mit Halbschuhen, der obligatorisch langen Hose, T-Shirt mit langem Shirt drüber und Schal rumlaufe. Und friere, wenn ich dann barfuß laufen muss. 😀 Von den Temperaturen hier könnt ihr ja wahrscheinlich nur träumen 😀

Naja nochmal zurück zum Tempel. Natürlich bin ich durchgelaufen und habe ihn mir von innen und außen angerschaut. Dann habe ich mich auf eine Bank gesetzt und die Leute, die Vögel und den Tempel vor dem sich verfärbenden Himmel beobachtet. Also so ungefähr 5 Minuten lang, bis die ersten von einem europäischen Mädchen begeisterten Inderkamen und ein Foto wollten. Wobei die erste Gruppe eine Gruppe südindischer Touristinnen war, die ich nett angelächelt habe (sie freuen sich immer so, wenn ich sie anlächel und das wiederum freut mich). Was sie dazu veranlasst hat, sich alle um mich herumzustllen und durcheinander auf hindi irgendwas zu mir zu sagen. Ich habe dann gefragt ‚photo?‘ worauf sie alle noch mehr gelächelt und mit dem Kopf gewackelt -also gnickt- haben. Ich ha gewartet, bis jemand die Kamera rausholt und sich leicht von der Gruppe entfernt. Aber nee, nee. Ich soll meine Kamera aus der Tasche holen und ein Foto von ihnen machen. Ehm, OK. Wie gesagt, ich hatte keine Kamera dabei. Nur mein Handy, was eigentlich nicht mein Handy ist, sondern der Schule gehört. Meins ist kaputt. Das, was ich jetzt habe gehört in 5 Jahren in ein Museum über Technik des letzten Jahrtausends. Glücklicherweise hatte es eine Kamera, was hätte ich sonst gemacht? Nur leider ist die Auflösung ungefähr so gut wie die, einer Lochkamera. Man erkennt hell und dunkel. Begeistert waren die Frauen von dem Bild nicht, ich ja auch nicht, aber was soll ich machen. Diese Gruppe war der Auslöser. Dann haben sich alle getraut. Zu mir zu kommen und nach einem Foto (diesmal mit ihrem Handy und sich selbst und mir darauf) zu fragen. Ich bin jetzt quasi ein Star in Indien, alleine heute wurden bestimmt über 20 glückliche Inder neben mir abgelichtet. Wer mich hier noch nicht kennt, dem ist auch nicht zu helfen 😉 Vermutlich bin ich auch in sehr vielen Facebookprofilen auf dem Profilfoto mit drauf. Das ist nämlich etwas, was Inder unheimlich stolz macht. Ausländer zu kennen. Das wird auch jedem, egal, ob er es wissen will oder nicht, direkt erzählt. Mir erzählen ganz viele Leute, wie viele deutsche, englische, französische, australische, keine Ahnung was noch für Freunde haben. Viele führen sogar ein Buch, in das jeder ausländische ‚Freund‘ einen Kommentar hinterlässt. Nee, die Digitalisierung ist hier noch nicht so weit. Und das Buch wird dann rumgezeigt. Wobei ein Foto mit dem Ausländer zusammen noch mehr Wert ist 😉 Und wieder jede Menge Inder glücklich gemacht. Ein Vater wollte unbedingt sein etwa 4jähriges Kind mit mir fotografieren. Das hat aber schon in jungen Jahren ein Schamgefühl entwickelt. OK, nein ehrlich gesagt hatte es Angst vor mir 😀 die einen sehen mich als Star, die anderen fürchten sich.

Das Geschlecht des Kindes konnte ich nicht identifizieren. Kann ich hier oft nicht. Weil indische Mütter oder auch Väter das Bedürfnis haben, ihre Söhne mit Kajal um die Augen zu verzieren. Eher schmieren. Ihre SÖHNE. Ab und zu aber auch die Töchter. Oder das sind Jungs, die wie Mädchen aussehen. Manchmal sieht man Männer mit einem oder auch mehreren lackierten Fingernagel_nägeln. Als ich Bablu deswegen ausgelacht habe -ich meine kommt schon, ein 28-jähriger Mann mit türkisenem Nagellack- hat er gemeint, das sei doch normal, es ist ja auch nur ein Finger. Gut. Dann ist es hier halt normal. ???. Sein Gegenargument gegen meine Feststellung, dass es in Europa eindeutig NICHT normal ist, dass eine Person männlichen Geschöpfs mit lackierten Nägeln durch die Welt spaziert, war, dass es aber europäische Männer mit Nasenlöchern gibt. Gut, das ist ein Argument. Hier hat nämlich jede indische Frau ein Nasenloch, wenn Männer eins haben ist das nicht normal. Ja, so sind die Kulturen halt unterschiedlich. Ein anderer Unterschied ist, dass sich Männer gegenüber (männlichen) Freunden wie in Europa kleine Mädchengegenüber ihren besten Freundinnen verhalten. Sprich Hand in Hand, Hand umarmend auf Schulter und so in der Öffentlichkeit. Wobei das auch Frauen untereinander machen. Trotzdem ist es für mich noch etwas komisch. In Europa würden wir mehr oder weniger tolerant feststellen, dass ’sie wohl schwul sind‘. Dann wären aber praktisch alle Männer hier schwul. Und das ist doch eher unwahrscheinlich 😉

Die Tage ist mir aufgefallen, dass im Oktober ja eigentlich Herbst ist. Aufgefallen ist mir das aber nur, weil mir meine Eltern in Skype erzählt haben, dass es im Allgäu nur 6° hatte. Was würde ich hier nur bei 6° tun? Es hat ja auch niemand Heizungen hier. Vermutlich müsste ich dann in ein Luxushotel flüchten, und mit der dort hoffentlich vorhandene Heizung kuscheln 😉 einen auf beste Freunde machen 🙂 wobei es im Winter ja tatsächlich so kalt wird. Da freu ich mich ja drauf. Wenn es nirgends warm ist, wo man sich mal aufwärmen könnte, sondern auch in den Gebäuden so kalt ist. Aber abwarten. Vielleicht ist es ja doch nicht so tragisch 🙂

Vielleicht ziehe ich bald um. In meine erste eigene Wohnung 🙂 das wäre vermutlich eine 2-Zimmerwohnung mit Küche. Ich habe mir gerade mal eine Liste gemacht, was mir an der Wohnung wichtig wäre. Et voilà: sie muss haben: ein Bett. Sie soll haben: ein eigenes Badezimmer mit ’normaler‘ Toilette (nicht so ein Teil, was im Prinzip nur Loch im Boden ist), mindestens 1 Fenster. Was schön wäre: Küchengeräte, ein Wasserfilter, wifi, ein Dach auf das ich auch darf (hier hat jdes Gebäude eine Dachterasse) und ein Tisch mit Stuhl. Ich vermute, sie wird keine Fenster haben, außerdem komplett leer sein und ein Gemeinschaftsbad mit mindestens halb Varanasi haben 🙂 Mal überraschen lassen, wie sie aussieht. Ich werde auf jeden Fall berichten 🙂

Morgen gehe ich mit ein paar Koreanern aus dem Gasthaus ins Kino. Wir werden den Film ‚Bang Bang‘ schauen. Ein Bollywoodfilm auf hindi. Yeah! Ich bin gespannt, wie das wird 😀 anscheinend ein Actionfilm. Aber hier gilt ja das Gebot, dass in jedem Film alle paar Minuten gesungen und getanzt werden muss. Wie die das in einem Actionfilm umsetzen werden? Mal sehen 😉 Ich habe keine Fernseher in meinem Zimmer, habe nur ein paar mal im Restaurant und in Prakashs Shop fern gesehen. Das war lustig! Natürlich Bollywood. Was sonst? Ich habe zwar nicht verstanden, was gesprochen wird, aber ich wusste, dass es um einen Familien Konflikt ging. Frauen haben sich unterhalten, es klang, als wäre gerade die Hälfte der Familie umgebracht worden und sie planen Jett einen Rachefeldzug. Die Hintergrundmusik erinnerte an Horrorfilme. Ich bin sicher, niemand war gestorben und in Folge dessen wurden auch keine Rachegelüste ausgelebt. Wie gesagt, es ging nur um einen einfachen Familienkonglikt. Vermutlich hat sich Sohn oder Tochter in jemanden einer anderen Kaste verliebt und das ist jetzt Stoff für 2 Stunden Film. Soweit ich mitbekommen habe, sind das die Top-Themen indischer Filme: Liebeskonflikt. Liebeskonflikt. Liebeskonflikt und daraus resultierende Familiendramen. Und Action.

😀

So jetzt sitze ich gerade mit Rajesh, Prakash und einem ihrer Freunde hier unten an der Rezeption. Sie haben was zu essen geholt, mal sehen was es jetzt gleich gibt 🙂 hoffentlich kein Huhn. Das ist ihre Lieblingsspeise :/

Ja, es gibt Huhn. Nur Huhn. Na toll.

Also meine Lieben, schönen Tag und bis bald 🙂

Julia

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