Sich über die kleinen Dinge des Lebens freuen

Sich über die kleinen Dinge des Lebens freuen. Über das scheinbar so selbstverständliche und normale. Wegkommen vom Materialismus, den wir zwar alle verpönen aber von dem wir insgeheim doch nicht wegkommen. Geld ist das, was zählt. Klar, irgendwovon muss man die Familie ernähren, da kommt man ums Geld wohl nicht rum. Aber ist es wirklich das, was am Ende übrig bleibt? Was wir als eins unserer Ziele festlegen, auf die wir hinarbeiten? Sich über die kleinen Dinge des Lebns freuen. Weg vom Materialismus. Das Leben so genießen, wie es ist. Das ist eins der vielen Dinge, die ich erreichen möchte. Worauf ich versuche hinzuarbeiten. Garnicht so einfach. Klingt ja so poetisch und grundsärtzlich würden mir wohl die meisten zustimmen, ebenfalls daraufhinzuarbeiten. Ich denke, von mir behaupten zu können, einen kleinen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben. Natürlich mit Hilfe meines neuen zu Hauses. In Deutschland, denke ich, wäre das wohl nicht so schnell gegangen. Man muss eben weg von seinem Leben, von all dem normalen, um zu sehen, was es einem doch wirklich Wert ist.

Bemerkt habe ich es auf dem Weg zum Flughafen, als ich Sophia begleitet habe. Von meiner Sehnsucht nach Natur habe ich ja schon berichtet. Mit dem Tuktuk fährt man etwa eine Stunde zum Flughafen und kommt auf dem Weg an jeder Menge Natur vorbei. Also richtiger Natur, nicht nur einem vereinzelten Baum. Viele Bäume, Gras, Felder. Als ich das gesehen habe, musste ich Sophia ganz verzückt mitteilen, wie schön ich das finde. Das klang in etwa so:“Awww, Bäume!“ begleitet von einem glücklichen Grinsen im Gesicht. Als ich Sophias Reaktion auf meine Begeisterung für die Mutter Natur gesehen habe, ist mir klar geworden, was ich da gerade gesagt habe. So sehr habe ich mich in meinem Leben noch nicht über den Anblick von Bäumen und Gras gefreut 🙂 ja, was habe ich das doch vermisst! OK, Perfekt ist vielleicht die falsche Zeitform. Ich vermisse es immer noch ziemlich. Sich einfach mal auf eine Wiese setzen, auf einen Baum klettern. Schön. Das wollte ich ja heute machen. Hatte ich mir fest vorgenommen. Voll Glück habe ich letzte Woche nämlich einen Baum nicht weit vom Gasthaus entfernt gefunden, dessen einer Ast so komisch wächst, dass man sich darauf setzen und einen wundervollen Blick auf den Ganges genießen kann. Tja, wären da nur nicht die Affen. Die müssen es natürlich versauen, haben den Baum wohl schon vor langer Zeit für sich reserviert. Was bedeutet, dass ich nach 5 min Platz machen musste. Schade. Der Baum hatte nämlich mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit die Ehre erlangt, sich mein Lieblingsplatz zu nennen. Jaja, die Affen.

Naja, zurück zur Freude über die kleinen Dinge des Lebens. Ich habe meinen mp3-player mit zum Baum genommen, dachte, ich setzte mich da so schön drauf, höre Musik und beobachte das Umfeld. Aber als ich da war, konnte ich das nicht. Nicht wegen den Affen, die sind ausnahmsweise mal unschuldig. Glück gehabt ;). Die Situation war einfach falsch zum Musik hören. Es war wirklich schön (die 5min), da musste ich einfach alles in mich aufnehmen. Alles beobachten, die Geräusche in mich aufnehmen. Das ist ja wieder etwas, was ich in Deutschland nicht konnte. Mich einfach irgendwo hinsetzen und nichtstuend das Leben genießen. Noch etwas, das ich hier gelernt habe. Und ich muss sagen, es ist schön. So richtig zu entspannen. Ohne im Hintdrkopf zu haben, in 10min zur Schule oder Arbeit gehen zu müssen. Einfach da sitzen und nichts tun. Und sich danach nicht schuldig fühlen, weil man die Zeit ‚verschwendet‘ hat. Nicht darüber nachdenken, was man alles ’sinnvolles‘ hätte tun können. Was ist sinnvoll und was nicht? Das muss doch jeder für sich selbst entscheiden. Und selbst wenn man für sich herausgefunden hat, was sinnvoll ist und was nicht, darf man dann nicht auch mal etwas tun, was unter der Spalte ‚leider nicht sinnvoll‘ verbucht ist? Sinnlos ist doch eigentlich nichts. Also ‚verschwendet‘ man doch auch keine Zeit.

Sorry, irgendwie bin ich gerade auf die philosophische Schiene geraten. Das passiert häufiger, seit ich hier bin. Ich fange an, viel mehr über das Leben nachzudenken. Über das, was ich wirklich will, was ich erwarte, was ich persönlich erreichen will. Kommt wahrscheinlich davon, dass ich frei bin. Frei von Verpflichtungen, frei von selbst auferlegten Zwängen. Weil ich ein neues Leben begonnen habe, das meinem alten nicht sonderlich ähnelt.

Da kommt man schon ins Grübeln. Wie soll es weitergehen? Was kommt nach dieser Zeit, die ich hier in Banaras verbringen? Wie möchte ich leben, wenn ich zurück in Deutschland bin? Und was möchte ich auf lange Sicht gesehen? Fragen über Fragen. Und Antworten lassen sich da nicht mal eben finden. Dafür bedarf es einer Menge Grübelei. Meine lieben indischen Freunde sagen mir ständig, ich würde zu viel nachdenken. Ich solle weniger nachdenken und mehr relaxen. Dann sei ich auch nicht so müde. Und schwach. Schwach, weil ich vor kurzem umgekippt bin. Und jetzt machen sie sich Sorgen und versuchen mir ständig lieb gemeinte Tipps zu geben, was ich tun soll, um nicht mehr so schwach zu sein. Süß. Das stärkt auf jeden Fall das Heimatgefühl. Zu wissen, dass es jemanden gibt, der sich Sorgen macht. Aber mit dem Tipp, ich solle weniger denken, kann ich noch nicht so viel anfangen. Wobei ich mit meinem ’nichtstuend das Leben genießen‘ vermutlich auf dem richtigen Weg bin. Nichtstun klappt schon mal, muss ich nur noch das Denken abstellen. Nur noch :). Keine Angst, nur mal kurz. So zum Abschalten, Entspannen, was auch immer. Ich denke, das ist ein Teil des Lebensstils, den ich anstrebe. Auch mal komplett abschalten können, ohne im allgemeinen Stressstrom der Gesellschaft mit zu schwimmen. Mal sehen, wie das so klappt, wenn ich wieder zurück bin. Wobei das ja erstmal hier klappen muss 😀 bzw soll. Ich will mich ja nicht unter Druck setzen 🙂

Nochmal zurück zur Freude über die kleinen Dinge 🙂 letzte Woche hat mir Rajesh, der Gasthausbesitzer, ein Regal gebracht. Für mein Zimmer. Super nett! Ich meine, mittlerweile bin ich in einem Raum, der eingemauerte Regalfächer hat, weshalb das Regal eigentlich überflüssig ist. Aussedem, tja jetzt kommt wieder die Deutsche in mir hervor, ist es mit Macken übersäht und in kackbraun gestrichen 😀 Aber hey, es zählt doch der Gedanke. Und der ist auf alle Fälle echt gut. Ich habe mich wirklich aufrichtig darüber gefreut. Genau wie über das Lächeln der vielen Shopbesitzer, begleitet von einer lieben Begrüßung, wenn sie mich sehen. Das ist so schön 🙂 Das bringt mich selbst dann zum Lächeln, wenn meine Laune gerade Urlaub in der Arktis macht. Ja, auch das kommt hier mal vor. Aber wirklich nur verdammt selten. Indien ist eben kein Paradies. Es ist immernoch die Erde 🙂

Es gibt auch einen ganz besonders lieben Shopbesitzer. Gut, Shopbesitzer ist wohl übertrieben. Er arbeitet als Arzt und hat einen 1qm (wirklich! Nur 1qm!) großen Shop, in dem er Speicherkarten und Tabakprodukte verkauft. Jedenfalls hat er mir letztens einfach so Räucherstäbchen geschenkt. Super nett! Ohne mir irgendwas an drehen zu wollen. Einfach so aus Freude. Super lieb! Letzte Woche, als Sophia da war, hat er mir nochmal welche gegeben, diesmal noch eine Packung für meine Freundin. Heute haben wir einen Chai zusammen getrunken. Und wisst in was? Er spricht französisch! Und das auch noch richtig gut! Aber es kommt noch besser. Er arbeitet in einer Bücherei/Buchladen, in der/dem gespendete Bücher verkauft werden. Dabei sind viele französische und sogar auch deutsche Bücher! Er hat mir direkt welche ausgeliehen, meinte ich kann sie kostenlos ausleihen, weil ich  ja volunteer bin und helfe. Und er auch (Der Erlös geht an arme Kinder). Er zeigt mir demnächst, wo die Bücherei ist, dann kann ich mir regelmäßig welche holen. Französische Bücher! Kostenlos! In Indien! Wow! Und deutsche und englische. Ich bin glücklich 🙂

Meine Lieben, ich wünsche euch eine gute Nacht 🙂 und alles an Glück und Verstand dieser Welt…

Don’t stop learning, because life never stops teaching!

Eine anstrengende Woche liegt hinter mir. Irgendetwas getan, wie endlich mal den goldenen Tempel zu sehen oder zur Uni zu fahren, habe ich immer noch nicht, aber es war auf jeden Fall abwechslungsreich.

Letzte Woche Montag habe ich, wie schon beschrieben, Sophia vom Flughafen abgeholt. Sophia sollte ein neuer Volunteer sein, sie wollte bis März bleiben. Sie sollte quasi meine Schwester werden 🙂 also das hatte ich mal so beschlossen 😉 schon nach kurzer Zeit jedoch hat sie festgestellt, dass es für sie unmöglich ist, länger hier zu bleiben. Ich habe ja auch schon meinen aufkeimenden Mutti-Instinkt erwähnt, natürlich habe ich versucht, ihr meine neue Welt, mein neues zuhause, irgendwie schmackhaft zu machen, sie an die Hand zu nehmen und alles zu zeigen. Mit der Zeit ging es ihr aber leider nur noch schlechter, weshalb dann klar war, dass sie wieder zurück nach Deutschland muss. Leider, wie ich finde. Es wäre natürlich schöner gewesen, ihr hätte es gut gefallen, sodass sie bleibt und wir das ein oder andere miteinander unternehmen. Klar, aber das liegt ja nicht in meiner Hand. Und so ist es sicher das beste für sie. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwer es auch sein muss, seine solange im Voraus geplante Reise, auf die man hingespart und sich riesig gefreut hat, abzubrechen. Sich selbst einzugestehen, dass es zu diesem Zeitpunkt einfach nichts für einen ist. Wo man doch irgendwie auch vor den anderen die Starke sein möchte, die es schafft. Vorhin habe ich sie dann zum Flughafen gebracht. Sie hat auf jeden Fall meinen Respekt, so stark zu sein und zu sagen, ich komme wieder zurück.

Warum die Woche anstrengend war? Nun ja, eine neue Freundin hier zu haben, bedeutet schon mal obligatorisch Schlafmangel. Nachts zu schlafen wäre immerhin Zeitverschwendung. 🙂 so. Schlafmangel bedeutet, dass ich jetzt so ziemlich jede freie Minute mit schlafen verbringen. Und mit schreiben. Und essen und so anderen unwichtigen Dingen 🙂

Wie gesagt, ging es Sophia wirklich nicht gut. Sie war sehr traurig und echt fertig. Klar versuchte ich sie irgendwie zu trösten. Ihr die schönen Seiten der Stadt und Kultur zu zeigen. Der Sonnenschein höchstpersönlich war ich dann aber auch nicht 😉 Man macht sich ja auch Sorgen. Versucht, sich bestmöglich zu kümmern, möchte, dass es schnell wieder besser wird. Wurde es aber nicht. Bis sie sicher wusste, dass sie heute wieder zurückfliegen wird. Und das war gestern 😉

Tja, wie ihr seht, kann es eben auch so gehen. Da teilt einem das Leben eben eine andere Lektion. Und auch bzw gerade aus einer solchen Situation nimmt man jede Menge mit. Ich für mich habe erst richtig festgestellt, wie stark mich das Überwinden meiner anfänglichen Schwierigkeiten für diesen Moment gemacht hat. Was ich ja im letzten Beitrag erzählt habe. Als ich gesehen habe, wie es Sophia geht, was mich ja direkt an meine Anfangsschwierigkeiten erinnert hat, habe ich angefangen zu merken, dass ich an der Situation gewachsen bin. Und was ich gelernt habe: scheitern tut man nicht. Irgendetwas teilt einem das Leben mit. Dann muss man halt auch mal einen Schritt zurück gehen. Auch wenn es schwer ist, sich dazu zu überwinden, lernen tut man auf alle Fälle. Dazu fällt mir ein schöner Spruch ein, den ich von einem Freund gesagt bekommen habe:

Don’t stop learning because life never stops teaching.

Ich finde, der hat was. Tja diesmal wars nur ein kurzer Beitrag 🙂 kommt ja auch nicht so häufig vor 😉

Also dann bis bald!

Eure Julia

Allerletzter Tag und Langeweile. Ach und Europa, du bist super!

Festivals. Im Oktober gibt es quasi mehr Feiertage als Werktage. Ich habe im letzten Beitrag über das Durgafestival berichtet. Am Samstag dachte ich, wäre der letzte Tag. Wurde mir jedenfalls gesagt. Am Sonntag war nochmal letzter Tag 😀 tja warum es mehrere letzte Tage gibt? Jeder letzte Tag ist Grund zu feiern. Am Sonntag wurden dann die letzten, größten Statuen im Ganges versenkt. Und da habe ich dann auch Polizisten entdeckt. Ja, tatsächlich! Erst dachte ich ja, sie beschützen die Plastikstatuen. Ich bin in Indien, also wäre der Gedanke nicht soo abwegig 😉 Aber nein, sie dienten tatsächlich zur Sicherheit der Menschen. Jede Statue wurde feierlich, also mit Drommelbeschallung und unter Blütenbewurf (ist das ein deutsches Wort? Ich weiß es nicht) von mehr oder weniger starken Männern zum Ganges getragen. Dabei kommen die Hindus auch durch eine „Moslem area“. Warum die Hindus nicht einfach durchs Hinduviertel laufen? Weil dieser Weg Tradition ist. OK, also war das Viertel der Muslime früher mal hinduistisch. Nein, nein, das ist schon immer muslimisch. Aha. Na jedenfalls kommt es da leicht zu Auseinandersetzungen, weil sich viele Muslime provoziert fühlen. Und deshalb laufen jede Menge Polizisten mit. Für die, die es nicht wissen: generell kommt es öfter zu Konflikten zwischen Hindus und Muslimen, da fällt dann schon mal der Satz „na dann geh doch nach Pakistan“ (Pakistan gehörte früher zu Indien, hat sich im Konflikt zwischen Hindus und Muslimen als muslimischen Staat abgespalten. Ich hoffe, das ist politisch korrekt ausgedrückt. Sorry wenn nicht.) Die Statuen, die von weiter weg kommen, werden mit dem Auto, Traktor oder LKW zum Main Ghat gefahren. Was mich erschrocken hat, war die Tatsache, dass jede Menge Pilger in Baulastwagen hergefahren wurden. Da wurden so viele Leute in einen LKW gestopft, bis er voll war. In Deutschland wäre jeder Tierfreund aktiv geworden, wäre das Schlachtvieh oder sonstiges lebendiges Dasein auf diese Art und Weise transportiert worden. Hier geht es aber gerade um Menschen.

Viele Menschen hier halten mich für sehr beschäftigt. Wie schonmal beschrieben, ich arbeite ja zu festen Zeiten und kann dann nicht zu jeder mir beliebigen Zeit Pause machen und Chai trinken. Mit einer Ausnahme: Prakash. Praksh vom teashop, in dem aber auch Klamotten und Armbänder verkauft werden. Der allgemeiner Treffpunkt zum gemeinsamen Nichtstun ist. Prakash war in den letzten 2 Wochen mein Animateur. Erst war ich ja krank, dann waren Feiertage, dann hatte ich ein kleines Kreislaufproblem und saß in Folge all dessen nur rum. In meinem Zimmer oder in seinem teashop. Ich habe ja schonmal mein bei Krankheit obligatorisches Stimmungstief erwähnt, meine Motivation und Tatendrang hielten sich auch in Grenzen. Prakashs Schluss aus meinem Nichtstun war -ganz einfach- Langeweile. Klar, mein Tagesablauf war jetzt nicht unbedingt so abwechslungsreich, dass er preisverdächtig erscheint. Naja jedenfalls hat meine scheinbare Langeweile Prakash dazu veranlasst, sich als meinen persönlichen Animateur zu engagieren. Eigentlich ja echt nett. Er und seine koreanische Freundin haben mich zum Beispiel zum Essen eingeladen. Dass ich davon nichts wusste, ist eine andere Sache. Das war schon witzig. Am ersten Tag, als er und Hanmi hier angekommen sind, war ich noch gesund und abends bei Vikki, Guru und Sanjay essen. Als ich dann um 10:30Uhr wieder hier war, haben mich die beiden direkt gefragt, wo in denn gewesen sei, sie hätten mit dem Essen auf mich gewartet. Süß, aber das wusste ich nicht. Ich hatte sie nämlich nur einmal vorher gesehen, da bin ich im Flur an ohne vorbeifelaufen und habe hallo gesagt 🙂 Mein Fehler. Hätte wissen müssen, dass das die Essenseinladung ist. 😉 Nun bin ich ja nicht mehr krank, bedeutet ich gehe wieder zur Schule. Heißt ich habe wieder einen geregelten Tagesablauf und nicht 24h Zeit. Mehrmals am Tag bekomme ich jetzt SMS mit der Frage was ich denn tue, ob mir langweilig sei, und ich könne zu seinem shop kommen, dann ist mir nicht mehr langweilig. Das ist nett gemeint, aber mir ist nicht langweilig. Ich habe morgens Schule, nachmittags Englischunterricht, abends bin ich entweder in BBB (Restaurant was zum Projekt gehört), in der Schule (nicht zum Arbeiten, keine Angst) oder bei Vikki, Gulu und Sanjay oder, ja man mag es kaum glauben, einfach mal im Gasthaus. Und jetzt ist ja auch Sophia da, ein anderer Volunteer aus Deutschland. Da hat sich Prakash für mich gefreut. Also ehrlich gefreut, meinte wie schön, jetzt wäre mir nicht mehr so langweilig. Ja 😀

Sophia ist am Montag angekommen und irgendwie fühle ich mich für sie verantwortlich 😀 klar weiß ich, sie ist erwachsen und aus den gleichen Gründen hier, wie ich auch, dennoch habe ich den Mutti-instinkt in mir entdeckt 😉 und der sagt ganz klar: beschützen, an die Hand nehmen und vor allen negativen Erfahrungen bewahren, die ich bisher gemacht habe. Und zwar 24h am Tag 🙂 Liegt vielleich daran, dass ich selbst ins kalte Wasser geschubst wurde oder auch gesprungen bin und mir doch jemanden gewünscht hätte, der sich etwas um mich kümmert. Wobei ich im Nachhinein eigentlich ganz glücklich bin, dass alles so gelaufen ist, wie es ist. Ich merke schon jetzt, dass ich stärker geworden bin. Nein, auch die letzten Muskelfasern haben ihre sieben Sachen gepackt, ich erinnere an meinen kläglich gescheiterten Versuch, aufs Dach zu klettern. Ich meine mehr die Persönlichkeit. Ich merke, wie gelassen ich bin, dass ich die algemeine Ruhe der Inder in mir verinnerlicht habe. Gut, das versteht ihr jetzt vermutlich nicht. Ständig beschwere ich mich über den ganzen Lärm und jetzt verinnerliche ich plötzlich Ruhe. Tja, es ist hat tatsächlich so, dass Indien das Land der Gegensätze ist.
Ich bin unheimlich stolz, wie ich mein neues Leben hier meister. Wie ich mir ganz alleine ein neues Leben aufgebaut habe. Klar war das nicht immer einfach, da war ja auch die Depriphase, aber zu wissen, dass ich es geschafft habe und die Tatsache, dass ich jetzt glücklich bin, geben mir unglaublich viel Kraft. Das Gefühl, dass die Welt mir nichts mehr anhaben kann. Fürs Leben gerüstet zu sein. Fühlt sich gut an 🙂 Auch wenn ich weiß, dass ich das noch lange nicht bin. Und sein werde.
Ich habe immer so wundervolle Übergänge, ich weiß. Jetzt geht es um Läuse. Ja, von meinem Lebensglück zu den nervigen, ekeligen (Autokorrekt findet sie nicht ekelig, sondern heilig 😀 ), kleinen Viechern, die meinen, in meinen Haaren das Glück ihres Lebens zu finden. Genau. In MEINEN Haaren. So ekelhaft! Heute morgen entdeckt. Bääh! Netz sind sie irgendwo in der indischen Kanalisation. Tot. Oh. Da fällt mir gerade ein. 1.) gibt es vvielleicht doch eine Kanalisation? Oder führt das Abwasser direkt in den Ganges? Dann wären die Leichen immerhin bei all den anderen Leichen und Kadavern… 2.) darf ich als Veganer Läuse töten? Ich beschließe mal ja. Läuse sind so ziemlich die schlimmsten Insekten, die ich bisher kennen gelernt habe. Nicht, dass sie besonders gefährlich sind nein. Also ich glaube nicht, dass die ernsthaft irgendwas anrichten können. Aber das Wissen zu haben, dass da gerade jede Menge kleiner Viecher seinen Platz an der Sonne in meinem Haarwirrwarr gefunden hat, ist echt ekelhaft. Und zu sehen, wie sie millionenfach in der Bürste hängen, löst auch keinen Jubel aus. Wunderbar ist, dass mir Nicole (die italienische Schulleiterin) gesagt hat, sie wende einmal die Woche dieses spezielle Shampoo an, weil man durch die Kinder in der Schule ständig Läuse bekommt. Heiterkeit wo bist du? Gutes Versteck, was du dir da ausgesucht hast, Respekt…

Aber jetzt zum Schluss doch nochmal ein erfreuliches Thema-ja, die Heiterkeit taucht wieder auf 🙂 ich habe einen Kuchen gebacken 🙂 einen -muss ich erwähnen, dass er vegan ist?- genialen Zitronenkuchen! Und dieses mal habe auch ich persönlich gebacken. Anish hat mir nur gezeigt, wie der Ofen geht. Das war schön! Also das Backen. Ich backe ja gerne. Vor allem, wenn ich dann das Resultat selbst essen kann 😀 Und Zitronenkuchen hatte ich schon ewig nicht mehr. Was für ein Genuss! Oh, da gibt es auch noch was anderes: Sophia hat mir VEGANE Schokolade mitgebracht! Schokolade! Vegan! Nur für mich! Die Freude war soooooooooo groß! Also wenn ihr mir eine Freude machen oder euch einfach so bei mir beliebt machen wollt-meine Eltern haben meine Adresse 😀 Und es ist mir egal, in welchem Aggregatszustand die Schokolade ankommt. Keine Ausreden finden 😀 Nach 7 Wochen Entzug ist das eines der schönsten Geschenke, die sie mir hätte machen können. Ich habe heute eine Apfelschorle getrunken. Oh, wie schön 🙂 ja, ich bin wieder in der alles-ist-so-toll-ich-könnte-die-Welt-umarmen-Phase. Sorry. Und Pizza! Ich habe Pizza gegessen! Ich liebe zwar das indische Essen, aber sowas europäisches hat schon was 😉 Was war ich glücklich, als ich auf dem Weg zum Flughafen (um Sophia abzuholen) ein Autohaus von Volkswagen gesehen habe! Oder eine Plastiktüte von Rossmann und Müller! Also die hatte Sophia dabei. Und es gibt tatsächlich Shampoo von Garnier hier! Ich weiß, das klingt jetzt alles nicht so berauschend, aber für mich ist es gerade ungefähr auf einem Niveau mit dem Weltfrieden. Als ich Ashif das Autohaus gezeigt habe und zu verstehen gegeben habe, dass das deutsch ist, hat er erstaunt geschaut-genau die richtige Reaktion 😉 netter Kerl 😀

In meinem Stimmungshoch gehe ich dann mal schlafen. Es ist 0:13Uhr. Ja, was langweile ich mich immer. Gut, dass da Prakash, mein Animateur ist 😀

Oh. 1521 Wörter. Uups, sorry…

Mädchen mit Blumenkorb

Mädchen mit Blumenkorbeigentlich wollte ich nur den Korb mit Blüten und Kerzen fotografieren. Das fanden die Eltern dieses Mädchen allerdings nicht spannend genug, weshalb unbedingt ihre Tochter mit aufs Bild musste. Ich werde öfter mal von jemandem gefragt, meist von Kindern oder ihren Eltern, ob ich ein Foto von ihnen machen könne. Ich mache dann ein Foto mit meiner Kamera von fremden Leuten, die sich dann artig bedanken und wieder verschwinden. Was das soll, verstehe ich nicht. Hoffen die, dass ich ihr Bild ausdrücke und im Großformat in mein Zimmer hänge? Hier gibt es immer noch viele Dinge, die ich nicht verstehe 🙂