Und action: wieder ein neuer Tag. Kein Murmeltier, das vorbeischaut ;)

Ein neuer Tag und wieder gibt es vieles zu berichten 🙂

Angefangen damit, dass ich zu einer Hochzeit eingeladen wurde 🙂 was freue ich mich darüber! Bis jetzt habe ich immer nur ezählt bekommen, wie eine indische Hochzeit so abläuft, und seit ich hier bin, hoffe ich zu einer Hochzeit eingeladen zu werden. Und da sagt mir Rashi, eine Lehrerin, heute in der Mittagspause einfach, dass ihre Schwester Ende November heiratet und dass sie sich sehr freuen würde, wenn ich komme. Oh, da komme was wolle, ich werde da sein 😀 Die Hochzeit ist auch ein Grund, mir einen Sari zuzulegen. Das möchte ich ja schon länger, finde es aber irgendwie immer etwas seltsam, wenn ich Nichtinderinnen in Saris sehe. Aber auf einer Hochzeit wird Sari getragen, da werde ich demnächst ein paar Lehrerinnen fragen, ob sie mit mir shoppen gehen 🙂

Dann habe ich mir heute die 2. Wohnung angeschaut. Da fällt mir ein, ich habe glaube ich gar nicht von der ersten berichtet. Ouah, ich komme gar nicht mit dem Schreiben hinterher! Also erstmal zur ersten Wohnung. Es ist keine Wohnung, sondern ein Gasthaus, da kann ich entweder ein Zimmer oder eine ganze Etage mieten. Ei Zimmer würde mir locker reichen, nur hätte ich wieder keine Küche und das wirklichvsehr schmuddelige Bad wäre ein Gemeinschaftsbad. Deshalb das Angebot, ich könne die ganze Etage mieten. Das wären 5 Räume für 115€/Monat. Aber was will ich mit fünf schmuddeligen Räumen? Die kommt nicht in Frage. Heute habe ich mir noch eine angeschaut und wieder wäre es ein Zimmer, diesmal aber ein recht sauberes und ich dürfte die Küche mitnutzen. Haken: das Bad hat kein Sitzklo. Wobei der Vermieter meinte, er würde mir eines einbauen das sei kein Problem. Und es gibt nicht immer Wifi. Das steht zwar nicht auf meiner must-have-Liste, aber momentan bin ich mit 24 Stunden wifi doc ziemlich verwöhnt und den Standard will ich eigentlich nicht aufgeben. Also mal sehen. Ich habe ihn schon von 10000Rs (125€) auf 6000Rs (75€) im Monat runtergehandelt, vlt kann ich es für 5000Rs bekommen. Aber ich sehe mal weiter, vlt gibt es ja doch noch was besseres 🙂

Nächstes Ereignis meines heutigen Tages: eine Chinesin hat mich auf der Straße angesprochen und gefragt, ob ich für ihren Freund modeln könnte. Ehm. Ich. Eine Europäerin. Chinesische Touristen wollen in Indien Fotos von einer Europäerin am Ganges machen. Gut, warum nicht? Ich meine, ich fühle mich natürlich geehrt! Wissen müsst ihr dazu aber, dass ich sehr gerne hinter der Kamera stehe, nicht aber vor einer. Ich bin total verkrampft und weiß nicht, wie ich mich hin stelle oder setzen soll, damit es einigermaßen gut aussieht. Da hatten die zwei also viel Arbeit 🙂 Am Ende hat es sogar Spaß gemacht 🙂 Der chinesische Fotograf war schon nach wenigen Minuten nicht mehr der einzige, der mich abgelichtet hat, sondern die Gelegenheit konnten sich auch jede Menge Inder nicht entgehen lassen. Da saß ich auf einem alten Boot, neben mir stand die Chinesin mit einem Blitz in der Hand und daneben der Chinese, dahinter standen ungelogen 7 Inder mit Spiegelreflexkamera. Yeah, ich bin ein Star 😀 Die Leute, die hier wohnen, kennen mich eh schon, oft sogar mit Namen-und jetzt sehen viele von denen noch, dass ich eine Nachmittag am Ganges model, was sich garantiert schnell rumspricht (ihr wisst, Varanasi ist ein Dorf, da weiß jeder alls von jedem. Und das ist nicht einmal gelogen.). Leute, mit denen ich vorher kein Wort gewechselt habe wissen, was ich hier mache. Gestern war ja wieder Festival und ich habe versucht, mit ein paar Koreaner aus meinem Gasthaus zur Hauptstrasse zu laufen, das war aber unmöglich, weil uns riesige Menschenmassen in den winzigen Gasen entgegenströmten. Ein Mann, der hier wohnt, mit dem ich nur an meinem ersten Tag hier mal gesprochen habe, versuchte mit einem Cricketschläger, so was wie eine Gegenspur zu schaffen, steckte seine ganze Energie in diese Aufgabe und rief mir auf einmal zu ‚July, where are you going?‘, dann erklärte er, dass die Hauptstraße gesperrt sei und vertiefte sich wieder ganz in seine Aufgabe 🙂 Ja, man kennt mich. Ich hatte übrigens zwei meiner Namen gestern vergessen. Ich heiße auch Judy und Lucia.

So, morgen bekomme ich hoffentlich meinen USB-Stick zusammen mit den Bildern der Chinesen wieder. Ich versuche dann auch welche hochzuladen. Genau wie vom Snack Nam Keen, Diwali, Khajuraho und Dev Divali. Und sonstige Bilder. Ich gebe mein bestes, hoffe, dass das Internet in der Schule wieder funktioniert. Habe nur ein Tablet im Gasthaus, damit kann ich das nicht machen.

Achja, wisst ihr, was ich gestern und heute hier in der BBB gegessen habe? Einen Gartensalat! Mit Paprika, Gurke und Möhre! Ein Traum! Mittlerweile schon 12 Wochen hier, 12 Wochen lang kein Salat! Oh, Salat 🙂 göttlich! Ich wusste bis gestern nicht, dass der hier erhältlich ist.

Und was ich gestern noch vergessen habe, zu erzählen. Ich bin froh, wieder zuhause zu sein. Khajuraho war zwar echt schön, aber die Italiener und Ram haben echt genervt und außerdem war es eben nicht zu Hause, wo man weiß, wem man vertrauen kann. Was meint ihr, wie froh ich war, als ich wieder durch meine Gassen gelaufen bin und mich manche sogar gefragt haben, wo ich denn die letzten Tage war, sie haben mich ja garnicht gesehen. Hach, da fühlt man sich doch gleich wieder zu Hause 🙂

Ich habe hier jetzt mittlerweile auch so was, wie einen großen Bruder. Nitin vom 1qm-Tabak- und Speicherkartenshop. Der, der in dem Buchladen arbeitet, bei dem ich kostenlos Bücher ausleihen darf. Er ist echt lieb und der erste, bei dem ich keine Bedenken haben muss, dass er mehr von mir will. Das macht die Sache gleich entspannter. Fast täglich trinken wir mittlerweile Chai und er gibt mir Tipps, wo ich mir was anschauen kann bzw wenn ich was brauche, sagt er mir den Preis und Ort oder er besorgt es mir direkt selber. Dann hat er mir noch einen USB-Stick geschenkt, damit ich endlich Bilder ausdrucken gehen kann (ich habe hier einen USB, aber trotzdem hat er mir noch einen gegeben. Einen von den neuen, die er sonst in seinem Shop verkauft.) Wobei er das auch für mich er ledige könne. Heute hat er mir zum Beispiel Lautsprecher besorgt. Für 3€. Er meinte, er kaufe die lieber, weil ich die nichtfür den Preis bekommen würde. Also echt lieb! Vertrauen tue ich ihm auch, weil ich über ihn zwei Französinnen kennengelernt habe, die als Volunteer in dem Krankenhaus arbeiten, wo er arbeitet. Und die sind echt lieb und treffen sich häufiger mit ihm. Hach ja und da ist ja noch die Tatsache, dass ich mit ihm französisch rede 🙂

Mein zuhause hier 🙂 gerne würde ich es euch life zeigen! Aber ich glaube ihr habt auch so einen ganz guten Einblick in mein Leben 😀

Oh. Ich bin ja schon 12 Wochen hier. Das bedeutet, ich bleibe nur noch 5! Nur noch 5 Monate! Gott, wie schnell geht die Zeit um! Ich klinge ja schon wie ne Oma… Aber es ist so! Mist. Nur noch 5 Monate. Krass!

Schönes Wochenende!

Julia

Verliebt, verlobt, verheiratet in Khajuraho

Vor 4 Tagen: Es gibt tatsächlich etwas, was Deutsche und Inder gemeinsam haben! Ja, was habe ich mich gewundert 😉 Also, heute Nachmittag habe ich mit Guru einen Chai getrunken, und seit kurzem bekomme ich immer Schluckauf, wenn ich eine heiße Zitrone mit Ingwer trinke. Keine Ahnung warum. Jedenfalls hat Gruru gemeint, jemand denkt gerade an mich. Nichts spektakuläres, was ich gerade berichte, aber ich finde es erstaunlich. Vielleicht haben es die Engländer mit der Kolonialisierung importiert 😀 Das Sprichwort. Oder wie man es nennen will. Weil, mal ehrlich. Seit 11 Wochen wohne ich in Varanasi und heute ist mir das erste mal eine Gemeinschaft zwischen beiden Kulturen aufgefallen-wie wahrscheinlich mag es da sein, dass das ein Zufall ist? Gut, lassen wir das mit der Wahrscheinlichkeit. Ah, aber wo ich jetzt gerade dabei bin 😀 ja so ist das. Von einem Stichwort gehts kreutz und quer weiter zu irgendeinem nächsten Thema. Also ich habe einen Canadier getroffen, der eigentlich Bauingenieur ist, dann aber zum Sonderschullehrer (Fächer Mathe und Physik) umgesattelt hat, um dieses Jahr sein Leben in Canada an den Nagel zu hängen und nach Indien zu ziehen. Momentan reist er etwas, was danach ist, weiß er nicht. Er weiß, wo er morgen ist, aber was er wie und wo übermorgen tun wird, mal schauen. Bewundernswert. Ich finde es echt bewundernswert, so zu leben. Nicht zu wissen, was morgen ist. Keine Sicherheit zu haben, keinen Job, der ein Einkommen garantiert, keinen festen Wohnsitz, der ein Rückzugsort, ein zuhause ist. Freunde und Familie zu verlassen und täglich mit anderen Menschen Kontakt zu haben. Heimatlos und ziellos auf der Erde zu wandern. Das könnte ich nicht. Ich brauche Sicherheiten. Einen Ort, an dem ich mich heimisch fühle, weil ich Orientierung habe, weiß wo ich bin und weil es Menschen gibt, auf die ich mich verlassen kann. So ganz auf sich alleine gestellt, heimatlos zu existieren-jetzt ist das noch nichts für mich. Aber ich habe einen großen Respekt vor Menschen, die sich dazu entscheiden! Natürlich war er mir auch direkt sympathisch, als er erzählt hat, dass er Mathe- und Physiklehrer ist. Dabei hat er auf sein T-Shirt gezeigt, worauf irgendeine der Formeln stand, die wir beim Thema Wahrscheinlichkeitsrechnung wissen mussten. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht mehr weiß, was genau man damit berechnen kann… Aber deshalb bin ich jetzt gerade darauf gekommen. Und vorher war er Bauingenieur. Für die, die das nicht wissen: Mathe und Physik waren meine Lieblingsfächer und wenn ich zurück in Deutschland bin, möchte ich Bauingenieurwesen studieren. 🙂

Es gibt übrigens Neuigkeiten. Ich fange an, Varanasi zu entdecken 🙂 Warum? Ich möchte die Stadt erkunden, bevor mir im Winter die Füße erfrieren (meistens muss man ja barfuß laufen) und ich habe Ram kennengelernt, der es gar nicht fassen kann, dass ich quasi nichts besichtigt habe, seit ich hier bin. Was ihn dazu motiviert, sich als meinen persönlichen Guide zu engangieren 😀 Ram ist der, der mich 20 Minuten vor dem 5-Minuten-Festival gefragt hat, ob ich jetzt mitkommen will 😉 Mit ihm, einer Italienerin und ihrem Bruder und drei Spaniern fahre ich morgen nach Khajuraho. Wir fahren über Nacht und kommen am Dienstag wieder. Ich freue mich drauf! Alles, was ich zu unserer kleinen Reise weiß ist, dass wir wahrscheinlich auch eine Safari machen. Das wäre natürlich genial! Und wann der Zug fährt. Das Ticket habe ich aber noch nicht bezahlt, sie haben es noch 😀 tja. In Deutschland hätte ich das wohl nicht gemacht. Mit wildfremden Menschen ein paar Tage an einen mir unbekannten Ort verbringen ohne zu wissen, was mich erwartet und ohne am Vortag das Ticket zu haben. Aber ich bin ja nicht in Deutschland 🙂 also mal sehen, wie das wird. Ist ja quasi eine Miniversion, ein Anfang. Ein erster Schritt hin zum Leben, das der Canadier führt.
So und jetzt bin ich zurück 🙂 Drei Tage habe ich jetzt in Khajuraho verbracht, es kam mir vor wie eine Woche Urlaub, und jetzt bin ich wieder zurück zuhause. Khajuraho ist ein wirklich schöner Ort mit jeder Menge Natur <3 ein Ort zum Entspannen. Und der Ort des Kamasutras. Ja. Wusste ich vorher nicht, kam nicht mehr dazu, mich zu erkundigen wo ich eigentlich hinfahre 😉 Am Samstag Abend ging es dann mit dem Nachtzug los, 10 Stunden später war ich am Bahnhof Khajuraho. Das Hotel hat mich mit Freude empfangen: unsere Beziehung beginnt mit meiner Zerstörung des Badezimmers 😀 Die Halterung des Duschschlauchs ist einfach abgefallen, als ich den Duschkopf wieder reinhängen wollte. Wobei das eigentlich nicht als mein Fehler vermerkt werden darf, weil dem Monteur wohl der Unterschied zwischen Nagel und Schraube nicht ganz bewusst ist. Schrauben machen nicht soooo viel Sinn, wenn sie lose in der Wand hängen. Und dann habe ich das Waschbecken abmontiert. Irgendwie fand ich, dass es da nicht hin passt. So auf Hüfthöhe mitten im Badezimmer. Knapp über dem Boden an einem Schlauch hängend hat es mir besser gefallen 😀 Ich hatte mich nur leicht dagegen gelehnt. Aber anscheinend können auch Waschbecken sehr sensibel sein. Ram, der Inder unter uns hat es einfach auf die Halterung aufgelegt. Die Halterung wurde aufs Waschbecken gelegt. Problem gelöst 😉 man durfte das Waschbecken halt nicht mehr berühren. Ich verdächtige ja sämtliche Vorgänger, schonmal aus was auch immer für Gründen das Badezimmer auseinander genommen zu haben.
Lucky, der Hotelbesitzer, ist dann mit mir und Matheo (dem Italiener) auf dem Motorrad durch die Gegend gefahren und hat uns Tempel gezeigt. Die sind echt schön! Ich würde euch ja gerne Bilder zeigen, aber in der Schule gibt es momentan kein Internet. Also kann ich keine Bilder hochladen. Man munkelt, dass es daran liegt, dass Muslime gestern bei ihrem Festival das Telefon- und Internetkabel durchtrennt haben, als sie mit kleinen Moscheestatuen (es sah jedenfalls so aus) durch die Strassen gezogen sind. Dabei fällt mir auf, dass ich euch noch gar nicht gezeigt habe, wie die Strommasten aussehen. Folgt! Irgendwann…
Und dann haben wir einen Elefanten gesehen! Rebecca (die Italienerin) war nur hier, weil sie mal auf einem Elefanten reiten möchte. Und als wir im Restaurant saßen, kam einer aus dem Gasthaus und meinte, draußen würde gerade ein Mann auf einem Elefanten die Strasse runterreiten. Für 2,50€ durfte sie sich die Strasse hoch- und runtertragen lassen. Sie war total begeistert, hat den restlichen Tag grinsend ‚un elephante‘ vor sich hingesagt. Ich wollte das aber nicht. Also nicht, dass Rebecca für den restlichen Tag in einer Welt voll mit rosaroten Elefanten lebt, ohne Drogen genommen zu haben. Sondern auf dem Elefanten wollte ich nicht reiten. Veganer eben. Als ich gesehen habe, wie der Mann mit einer Art Harke auf den Kopf des wirklich imposanten Geschöpfes schlug, um ihn zum gehen zu überreden, tat mir der Elefant echt leid. Seine Augen sahen leer aus. Will ich auf einem Elefanten reiten, dessen Lebensmut dahin ist und dem obendrein von einem kleinen Man auf den Kopf geschlagen wird? Nein. Auch wenn ich grundsätzlich gerne mal auf einem Elefanten sitzen würde. Allerdings nur, wenn ich wüsste, dass das für ihn OK ist. Dieses Leben wird das also eher nichts mehr 🙂

Am Montag ging es dann zu den Pandav Falls. Das sind Wasserfälle, bei denen zur Zeit allerdings quasi kein Wasser fließt, da die Regenzeit um ist. Trotzdem sehr, sehr schön! Weil Natur 🙂 ja, man braucht keine ganzen Sätze. Das ist noch was, was ich mir hier aneigne. Die Fähigkeit, sich mit so wenig wie möglich Worten zu verständigen. Weil hier so viele kein Englisch sprechen. Da bringt es nichts, mit grammatikalisch korrekten Sätzen auf jemanden einzureden. Ich hab mich schon dabei erwischt, wie ich Präpositionen weggelassen habe. Ich hab Angst, dass sich mein Englisch rückentwickelt 😀 Egal, bei Natur war ich. Hach, was ist sie schön in Khajuraho! Bäume, Wiesen, Seen, Flüsse,… Und man kann Tiere hören! Vogel und Grillen oder so. Ich weiß nicht, warum. Habe mich das gefragt, als ich einfach auf einer Wiese saß und die Natur genossen habe. Natur macht mich glücklich! Ich hatte das Bedürfnis, Bäume zu umarmen. Aber irgendwie war mir das dann doch peimlich. Weil ich nicht alleine war. Außerdem wollte ich mich auf einen Baum setzen. Es gab so uralte, riesige Bäume mit Lianen, mein innerer Tarzan (ja, anscheinend habe ich den 😉 ) wollte sofort losklettern und schwingen 🙂 aber die Bäume sind heilig, da darf man nicht einfach mal Tarzan spielen. So ein Mist aber auch. Naja, der Anblick von so viel geballter Natur hat mich ja schon auf Wolke 7 versetzt, da kann ich das Tarzan-Syndrom auch unterdrücken 😉
Um zu den Pandav Falls zu kommen, mussten wir das Nummernschild unserer Motorräder, unsere Namen und Unterschrift in einem riesigen Bürokratiebuch verewigen. Mein Name ist ‚Juliyat‘. Mein Name ist eigentlich falsch gesagt. Hier habe ich ziemlich viele Namen (deutsch ausgesprochen): Ludia, Dschuli, Dschulia, Julia, Lia und Sarah. Und ab und zu andere seltsame Abwandlungen 😉 bzw oft sagen Leute so oft ‚hello‘, ‚madam‘ oder ‚man‘ bis ich mich umdrehe. Und manche hängen ein ‚gi‘ ans Ende des Namens, weil das ein Zeichen des Respekts ist. Also eigentlich muss ich mich immer angesprochen fühlen 🙂 Aber zurück zur Bürokratie. Die hat auch Indien nicht verschont. Mit dem Unterschied, dass die Digitalisierung noch lange nicht so weit vorangeschritten ist, wie in Europa. Was bedeutet, dass alles handschriftlich in riesigen Büchern notiert wird. Und fragt mich nicht warum, aber irgendwie schaffen es immer die Leute mit der größten Sauklaue, den Job zu ergattern, bei dem das Buch Hauptbestandteil der Arbeit ist. Letzte Woche war ich mit dem Englischlehrer am Bahnhof und habe Zugtickets nach Delhi besorgt. Wir fahren mit einer Schulklasse für wenige Tage 🙂 7 Aufsichtspersonen für 14 Kinder 😀 Ihr glaubt nicht, wie schwierig es war, Lehrer zu finden, die freiwillig mitkommen. Die kostenlos ein paar Tage nach Delhi können und da für ihre Arbeit bezahlt werden. Neha, Suman und Anand kommen jetzt mit. Neha und Anand (Geschwister) wollten ihre Mutter und Anands Ehefrau mitnehmen 😀 auf eine Klassenfahrt. Sie dürfen aber doch auch so mit. Das Problem sind die Familien. Es ist nicht normal, dass ein Familienmitglied, vor allem ein weibliches, ohne Familie verreist. Neha ist 24 Jahre alt und ist schon ganz aufgeregt, weil sie zum ersten Mal ihres Lebens die Stadt ‚alleine‘ also nur mit Bruder verlässt 🙂
Was für ein Aufwand, an die Tickets zu kommen! Eineinhalb Stunden haben wir gebraucht, um sie in der Hand zu halten. Ich musste 2 Listen (handschriftlich) anfertigen, eine für den Hin- und eine für den Rückweg, auf denen Name, Geschlecht und Alter der Reisenden aufgelistet sind. Von allen Ausländern wurde eine Kopie vom Reisepass gebraucht. Die Liste hat dann eine Frau am Computer -aber was für einer! Nicht einmal einen Farbbildschirm hatte der- abgetippt. Nach einigem Hin und her haben wir dann am Ende tatsächlich die Karten erhalten.

Und wieder nach Khajuraho. 🙂 Also nach den Pandav Fällen sind wir zu einem Palast gefahren, der in Privatbesitz ist und dessem Gelände Unbefugte, also alle außer dem Besitzer, nicht betreten dürfen. Wenn sie keine 200Rs zahlen 😀 Hallo Korruption! Alle erzählen ständig von dir, jetzt treffe ich dich auch mal an 🙂 ja, dabei kommt bei mir irgendwie die Frage auf, wozu wir Regeln aufstellen. Wenn diejenigen, die dafür sorgen sollen, dass sie auch eingehalten werden, nicht so ganz zuverlässig arbeiten. Naja, ich konnte mir den Palast anschauen, der wirklich schön ist, und mit dem man sicher Geld verdienen könnte, wenn man ihn renoviert und Besucher reinlässt. Anscheinend soll das auch in Planung sein, aber. Es ist Indien. Das dauert. Ein Inder meinte letztens ziemlich zutreffend: India is great but always late.
Die Welt ist klein. Indien ist klein. Da reise ich einmal, und dann nicht einmal lange, und wen treffe ich? Genau, Vikki! Er arbeitet als Frensh Guide und war mit zwei älteren Französinnen unterwegs. Ich habe wieder französisch gesprochen. Und muss sagen, dass ich jetzt noch verwirrter, als davon war. Ein bisschen hindi spreche ich mit Leuten, die ich nicht kenne, englisch mit allen anderen, denken tue ich auf deutsch und englisch und dann sind da zwei Französinnen. Das Problem war, dass ich ihnen auf einmal was auf englisch erzählt habe und dann mit Indern auf französisch geredet habe. Und mittlerweile denke ich abwechselnd auf deutsch, englisch und französisch. Mit Nitin spreche ich ja auch französisch. Das fördert meinen Verwirrungsgrad zwar nicht aber mildern tut es ihn auch nicht. So wird er schön aufrecht erhalten. Heute habe ich mir eine Wohnung angeschaut, als der Besitzer kam habe ich erstmal ‚Namaste, ca va?‘ gesagt. Ja. Mein Hirn ist einem Haufen Matsch momentan erschreckend ahnlich 😀 Die Wohnung war ein Stockwerk eines Gasthauses. 5 Zimmer und Bad. Keine Küche. Und ziemlich dreckig. Ich hätte auch nur ein Zimmer haben können, aber dann ist das Bad halt Gemeinschaftsbad. Ich hoffe also auf was besseres. Das muss auf der Liste ergänzt werden. Sauberkeit. Nicht so, wie in Deutschland aber wenigstens einigermaßen sauber sollte es doch sein. Und ein eigenes Bad ist zu den must-haves vorgerückt.
Am letzten Abend hat mich ein Gasthausmitarbeiter mit dem Motorrad zu seinem Lieblingsplatz nah bei den Bergen mitgenommen und wollte mir Glühwürmchen zeigen. Es war total schön, mitten im Nichts. Nur Berge, Wiesen, Bäume und Grillen. Und der Mond hat ziemlich hell geschienen. Mir wurde der Nacken massiert und die Hände wurden durchgeknetet. Auf die Frage, wie ich mich jetzt fühle, wusste ich leider nicht, was durchgeknet auf englisch heißt. Dann fand ich das Gefühl, mit Kinderknete verwechselt zu werden, halt gut 😀 Wie das hier halt so ist, lief es darauf hinaus, dass er mir ständig ‚Komplimente‘ gemacht hat. Zum Beispiel: Was arbeitet dein Vater? -Er baut Möbel -Er muss viel im Garten arbeiten -Ehm. Nö -Wie kann er dann eine so wunderschöne Blume herangezogen haben?
Ja. Wo ich gerade bei Komplimenten bin. Komplimente bekomme ich hier mindestens einmal am Tag zu hören: ich bin wunderschön, habe eine gute Figur, mein Gesicht sieht wahlweise aus wie das einer -Puppe -Barbie -eines Babys, meine Haare sind toll, auch wenn mir viele nicht glauben, dass sie nicht gefärbt sind, meine Haut ist so soft, wie die eines Bays (wissen auch Leute, die mir nicht mal die Hansd gegeben und mich somit nie berührt haben), ich bin schlau und leiste eine großartige Arbeit, weil ich Indien helfe. Yeah! Ich meine grundsätzlich freut man sich natürlich über Komplimente. Aber. Kompliment ist nicht gleich Kompliment. Ich sehe aus wie eine Puppe. Das kommt hauptsächlich von komischen Koreanern. Das sollten sie besser ihren koreanischen Freunden sagen. Und den Rest lasse ich mal so stehen. Das ist übrigens einer der Gründe, warum ich jetzt einen Freund habe oder verheiratet bin. Oder auch verlobt. Kommt auf den Schweregrad des. ‚Kompliments‘ und Verhaltens an. Er heißt Markus und ist 21 Jahre alt. Nur, dass ihr bescheid wisst 😉
Ach, beinahe hätte ich es vergessen zu erwähnen. Khajuraho ist die Stadt des Kamasutras. Richtig gelesen. Die Tempel hatten sogar Männer und Frauen in verschiedenen Sexpositionen eingemeißelt. Ganze Tempel waren damit geschmückt… Und das in Indien. Wo doch in der Öffentlichkeit nicht mal Ehepaare Händchen halten. Wo doch scheinbar jeder Das Unschuldslamm schlechthin ist. Jaja, da kommts raus. Einer hat mir Kamasutraöl auf die Handgelenke geschmiert und eine ‚Kamasutramassage‘ gegeben. Bedeutet mir wurde der Rücken massiert. Ganz normal, nicht dass es da jetzt zu Missverständnissen kommt. Hat gemeint, so komme das Kamasutra eher über mich. Hach, wie schade, es blieb in weiter Ferne. Was manche Leute glauben. Da muss ich ja schon oft lachen. Auch über so manches Verhalten. Große Kreuzungen haben zwar Ampeln (mit 4 Lampen), ich habe aber noch nie eine funktionierende Ampel gesehen. Das -ich nenne es mal Verkehrssystem- wird von Polizisten geregelt. So. Da kommen aus vier Richtungen teilweise jeweils 6 Fahrzeuge pro Reihe nebeneinander und hupen. Nationallieblingsbeschäftigung im Straßenverkehr. Und was tut der Polizist? Er pfeift Falschfahrer und andere Falschverhaltenssünder mit einer Trillerpfeife aus 😀 Wo es ungefähr 400Db Lautstärke hat 😀 Soll er tun, was er nicht lassen kann. Auch das ist eine Möglichkeit, seine Aggressionen rauszulassen. Besser, als den Schlagstock zu nutzen 🙂 Ich musste jedenfalls erstmal lachen 😀 Da steht ein kleiner khakifarben gekleideter Polizist mit wütendem, Trillerpfeife pfeiendem Gesicht mitten in einer Kreuzung und pustet sich die Lunge aus dem Hals. Was kann man da anderes tun, als laut loszulachen? Heute ist wieder Festival und am Main Ghat ist Pooja. Und zwar richtig groß aufgezogen, es sind Filmteams vom Fernsehen da und berühmte Schauspieler sollen auch da gewesen sein. Jedenfalls gab es public viewing 😀 für Pooja! Also diese Zeremonie am Ganges. Bei der bei Trommelgespiele Männer Gangeswasser durch die Luft spritzen und mit Räucherstavchen und anderen qual enden Sachen die Menge beräuchern. Das wird live auf den Ghats nebenan übertragen 😀

So. Das wars jetzt erstmal von der letzten Woche.
Viele liebe Grüße!